: Bresthafte müssen draußen bleiben
■ Krankenhausgesellschaft befürchtet, künftig Patienten abweisen zu müssen Von Patricia Faller
„Die Seehofer-Pläne sind chaotisch und unverantwortlich“, schlagen die Hamburger Krankenhäuser Alarm. In der gestrigen Krisensitzung hatten ihre Abgesandten wenig freundliche Worte für Bundesgesundheitsminister Seehofer übrig. Würden seine Pläne für eine erneute Budgetbeschränkung verwirklicht, sei nicht mehr auszuschließen, daß Hamburgs Krankenhäuser künftig PatientInnen abweisen müßten, erklärte der Geschäftsführer der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft (HKG), Jürgen Abshoff. Und dies betreffe besonders Patienten, die aufwendige und teure Operationen benötigten.
Für die Gewerkschaft ÖTV ist die Aussage des HKG-Geschäftsführers „unmenschlich und verantwortungslos“. Doch räumt der ÖTV-Bezirksvorsitzende Wolfgang Rose ein, eine Politik, die die Krankenhäuser zu solchen Schritten zwinge, widerspreche eklatant dem Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes. Er sieht in der Kostendeckelung bei gleichzeitig steigenden Behandlungszahlen auch die Qualität der Gesundheitsversorgung gefährdet.
Denn schon jetzt sanken die vereinbarten Budgets von 1994 bis heute um 200 Millionen auf 2,7 Milliarden Mark, während gleichzeitig die Zahl der PatientInnen von 1993 bis 1995 pro Jahr um etwa 15.000 stieg, so die Bilanz der HKG. Sparsame Krankenhäuser würden bei der künftigen Deckelung besonders bestraft, weil die Höhe der jetzigen Ausgaben die Grundlage für künftige Zuweisungen bilde, erklärte der HKG-Geschäftsführer. Für einige Krankenhäuser stellen die Entwürfe, die morgen im Bundeskabinett beraten werden, eine Existenz-Bedrohung dar. Denn der Entwurf sieht keine Ausgleichszahlungen für Mehrkosten für die vergangenen Jahre vor, wie HKG-Sprecher Siegmar Eligehausen feststellte. Nach seinen Schätzungen fehlen den 43 Hamburger Krankenhäusern dadurch dann mehrere zehn Millionen Mark. Bisher erhielten die Krankenhäuser bei Budgetüberschreitungen, beispielsweise wenn sie mehr PatientInnen behandelten, im nächsten Jahr Ausgleichszahlungen von den Krankenkassen.
Die HKG wirft Seehofer wegen seiner neuesten Pläne Wortbruch vor. „Noch am 20. April dieses Jahres hatte Herr Seehofer im Gesundheitsausschuß des Bundesrates erklärt, daß er eine Budgetierung nur zeitlich befristet für verantwortbar halte“, so Abshoff. Und die sollte Ende des Jahres auslaufen. Der jetzige Referentenentwurf sehe für 1996 aber erneut eine Etatbeschränkung vor, die nur entsprechend der Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst erhöht werden soll. 70 Prozent der Krankenhausausgaben seien zwar Personalausgaben, räumt Siegmar Eligehausen ein, aber wenn sich die anderen Ausgaben überproportional erhöhten, weil etwa medizinische Instrumente teurer würden, dann müssen die Krankenhäuser ein Minus machen.
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