: Aber die Macht bleibt deutsch
■ Kommunales Wahlrecht: EU-AusländerInnen sollen nicht die Bürgerschaft, sondern nur die Bezirksversammlung wählen dürfen Von Silke Mertins
Wahlrecht für Hamburgs EU-AusländerInnen, aber die Macht bleibt deutsch. Zwar sichert der Maastricht-Vertrag allen Unions-BürgerInnen ab 1996 das Kommunalwahlrecht, doch der SPD-geführte Senat der Hansestadt hat einen Weg gefunden, wie man verhindern kann, daß die wahlberechtigten 25.000 EU-BürgerInnen die Politik der Elbmetropole mitbestimmen dürfen.
Der Trick: Hamburgs Stadtparlament, die Bürgerschaft, ist gleichzeitig der „Landtag“. Deshalb setzte die Bundesregierung auf Hamburgs Wunsch im EU-Vertrag durch, daß in den Stadtstaaten nur die Bezirksversammlungen – deren Mitbestimmungsrechte der Senat zur Zeit erheblich einschränken will – von EU-BürgerInnen mitgewählt werden dürfen.
„Die Kompetenzen der Hamburger Bezirke liegen unterhalb der Kompetenzen normaler Kommunen“, machte Cristina Torres Mendes, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Internationaler Jugendverbände, auf die Ungleichbehandlung gestern auf einer GAL-Pressekonferenz aufmerksam.
Die GAL will mit einem Antrag in der Bürgerschaft erreichen, daß diese Ausnahmeregelungen für Hamburg, Berlin und Bremen aus dem Maastricht-Vertrag gestrichen werden. „Der Senat wird doch sonst nicht müde zu betonen, daß Hamburg eine Einheitsgemeinde ist und es nur ein Kommunalparlament gibt, nämlich die Bürgerschaft“, so der GALier Martin Schmidt.
In Bremen gibt es nicht einmal Bezirksversammlungen; Kommunal- und Landesparlament sind völlig identitisch. Um den nichtdeutschen EuropäerInnen bloß nicht mehr als demokratische Brosamen abzugeben, soll Bremen ein zusätzliches Kommunalparlament schaffen. Ob das EU-Wahlrecht für die Hamburger Bezirksversammlungen den EU-Richtlinien einer „lokalen Gebietskörperschaft der Grundstufe“ entspricht, will die GAL auf dem Klageweg prüfen lassen.
Wenn nicht einmal ein Kommunalwahlrecht für EU-Europäer eingeführt wird, könnte das auch ein Rückschlag für alle anderen Bemühungen um Ausländerwahlrecht bedeuten. Die Immigrantenverbände und Grün-Alternativen setzen sich daher für die Umsetzung des europäischen Wahlrechts ein, obwohl „die Beschränkung die nicht-deutsche Bevölkerung in AusländerInnen erster und zweiter Klasse spaltet“, so Cristina Torres Mendes. Grundsätzlich wird ein Wahlrecht für alle Immigranten gefordert, die länger als fünf Jahre hier leben.
Während die Steuern, Sozial- und Rentenversicherungsbeiträge der „nicht-deutschen Deutschen“ (Martin Schmidt) gerne genommen werden, „wird eine ganze Generation von in Deutschland geborenen Jugendlichen nicht in die Demokratie integriert“, warnt Torres Mendes. Rund 20 Prozent der Jugendlichen in der „Weltstadt“ Hamburg sind nicht-deutscher Herkunft. „Mit den jetzigen Plänen wird eine historische Chance verpaßt“, so die Vertreterin der internationalen Jugendverbände.
Der Hamburger Ausländerbeauftragte Günter Apel wußte derweil noch nichts von allem. Die EU-Richtlinien lägen ihm noch nicht vor. Auch die konkrete Umsetzung des Senats ist offenbar noch nicht fertig. Grundsätzlich sei aber klar, so Apel, „daß die Bürgerschaft der Landtag und der Bezirk das Kommunalparlament ist“.
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