Endspurt eines Drogenhändlers: „Der letzte Deal“ von Ingvar Ambjørnsen

In Norwegen hat ihm dieser Roman nur Ärger eingebracht: Zunächst wollte ihn kein Verlag drucken. Damals, 1983, hatte Ingvar Ambjørnsen noch nicht das Renommee, das ihm drei Jahre später der Roman Weiße Nigger einbrachte. Schließlich traute sich der kleine Forfatterforlaget. Doch dann wagte keine Zeitung, das Buch zu besprechen – bis das sozialdemokratische Arbeitsbladet immerhin ein „brauchbares Interview“ mit dem Autor brachte.

Was war der Grund für den gesteigerten Gebrauch von Kneifzangen? Der damals 27jährige hatte sich schlicht erdreistet, mit einem Stück Literatur die norwegische Drogenpolitik anzugreifen und für eine Liberalisierung in Sachen Hasch zu werben. Zwölf Jahre sind seitdem vergangen, und so kommt es, daß Ambjørnsens Drogenkrimi Der letzte Deal genau zu dieser Zeit bei uns auf deutsch erscheint, da der 39jährige, mittlerweile in Hamburg lebende Autor erklärt: „Seit ein paar Jahren habe ich ein ganz anderes Programm. Es hat ja auch keinen Sinn, über Marihuanarauchen zu schreiben, bis man 70 ist.“

Will die Edition Nautilus mit der Veröffentlichung dieses Frühwerks also bloß diejenigen Fans trösten, die sich nicht mit seinem „neuen Programm“ anfreunden können, wie es sich bereits in seinen aktuellen Romanen niedergeschlagen hat? Wie dem auch sei. Der letzte Deal ist die Geschichte von Carl F. Vang, Handelsvertreter für Hasch aller Herkunftsländer, der sich im Sommer 1979 vornimmt, einen „Endspurt“ hinzulegen. „Und dann ist Schluß.“ Mit 50 Kilo Nepal-Hasch im Gepäck und seinem Freund Robert Abler als Partner will er noch einmal das große Geschäft in Oslo machen.

Es kommt, wie es kommen muß. Doch lassen wir Carl selbst kommentieren: „Ich mußte an die Schönschreibübungen aus der Grundschule denken. Ich hatte mich angestrengt, um die Schlingen richtig zu machen, hatte die Zunge zwischen den Lippen und schrieb ganz, ganz vorsichtig. Es ging wunderbar. Aber als ich den Punkt setzen und abschließen wollte, floß ein dicker Tintenklecks aufs Papier.“ Bei Carls letztem Deal kommt der Tintenklecks in Form einer Leiche und von Heroin daher, das die Großdealer, in deren Auftrag Carl und Robert arbeiten, ihnen untergeschoben haben.

Zu der sich aus diesen Komplikationen ergebenden Spannung kommt als kompositorisches Bonbon hinzu, daß Carl die ganze Story einige Wochen später auf der Insel Samos zu Papier bringt und so versucht, die Aufregung der letzten Monate zu verdauen. Dabei hat er das Mittelmeer vor Augen, das dem Norweger aber nicht als Meer erscheinen will: „Badetümpel, gut – ein schöner sogar. Aber kein Meer.“ Schon die Textkostproben mögen zeigen, was Ambjørnsen über die ganze Strecke seines dritten Romans vorführt: daß er schon damals so weich schreiben konnte wie ein von der Sonne gewärmter Kaugummi oder so spröde wie ein durchgetrocknetes Brötchen. Ganz wie es ihm gefällt.

Fred Dachs

Ingvar Ambjørnsen: Der letzte Deal, aus dem Norwegischen von Gabriele Haefs; Edition Nautilus. 222 Seiten. 19,80 Mark