: „Jawohl, wir sind eine Linkspartei“
■ Der neue SPD-Chef Lafontaine setzt auf Versöhnung der Genossen – und rät seinen Gegnern zu warmer Kleidung
Mannheim (taz) – In seiner Abschlußrede auf dem Mannheimer Parteitag wurde der neue SPD-Vorsitzende deutlich: „Jawohl, wir sind eine Linkspartei“, rief Oskar Lafontaine den Delegierten zu. Mit der Teilhabe aller Menschen am Gesellschafts- und Arbeitsleben verbänden die Sozialdemokraten ihren Begriff von Demokratie. Dann wurde er versöhnlich – und richtete seinen Dank vor allem an seinen Vorgänger Rudolf Scharping und an den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Johannes Rau. Scharpings Haltung angesichts seiner Niederlage sei „eine große menschliche Geste“. Als Scharping aufstand, die beiden Rivalen sich umarmten, brach bei den Delegierten das „Wir- Gefühl“ durch: Standing ovations für so viel Versöhnungswillen.
Lafontaine wehrte sich gegen den Vorwurf, er sei ein Gegner der deutschen Einheit gewesen: „Das ist schlicht Verleumdung.“ Vielmehr habe er vor ökonomischen und sozialen Fehlentscheidungen gewarnt. Nun wolle er sich dafür einsetzen, daß die Industrialisierung in den neuen Bundesländern voranschreite. Explizit forderte der neue Parteivorsitzende die „Kulturschaffenden“ auf, sich verstärkt in Gesellschaft und Politik einzumischen – und die Sozialdemokratie zu stärken. Angriffslustig rief er: „Wir fangen neu an, Freunde. Mitstreiter im demokratischen Wettbewerb, zieht euch warm an!“
In der Frage des umstrittenen Einsatzes deutscher Tornados in Bosnien hatte Lafontaine gestern überraschend eingelenkt. Der Parteitag bekräftigte zwar das grundsätzliche Nein zu Kampfeinsätzen und zur Entsendung deutscher Kampfflugzeuge, aber bei der Entscheidung über einen Friedenseinsatz in Bosnien soll die Fraktion frei entscheiden können.
Am späten Donnerstag abend hatten sich die Delegierten für ein Einwanderungsgesetz entschieden. Außerdem wurde Gerhard Schröder – allerdings erst im zweiten Wahlgang – wieder in den SPD-Vorstand gewählt. Die meisten Stimmen bei der Vorstandswahl entfielen auf drei Ost-Politiker: auf Brandenburgs Arbeitsministerin Regine Hildebrandt (464 Stimmen), Sachsen-Anhalts Regierungschef Reinhard Höppner (438) und seinen brandenburgischen Kollegen Manfred Stolpe (383). Karin Nink
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