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■ QuerspaltePapst gefährdet Gläubige

Erst Bayern, jetzt Bordeaux. In Südfrankreich haben gottlose Richter ein Urteil gefällt, das den liberalen Kruzifix- Spruch aus Karlsruhe in seiner Radikalität fast noch übertrifft. Der Apotheker Bruno Pichon (47) aus dem Dorf Salleboef wurde zu einer saftigen Geldstrafe verdonnert, weil er sich weigerte, Kondome und Antibabypillen zu verkaufen. Da nützte es nichts, daß sich der Mann auf sein Gewissen, seinen Gottesglauben und den Heiligen Vater berief, daß er Verhütungsmittel für Werkzeuge des Satans hält. Er muß blechen: 8.000 Francs (rund 2.400 Mark)!

Weil Pichon in seinem Kaff der einzige Apotheker war und ist, hatte seine Weigerung, Verhütungsmittel jeder Art zu verkaufen, ein ganzes Dorf in die sexuelle Krise gestürzt. Der geschlechtlich aktive Teil der Bevölkerung mußte weite Umwege in Kauf nehmen und eine aufwendige Vorratshaltung betreiben, um das Fassungsvermögen der Dorfschule nicht zu gefährden. Jetzt haben einige Frauen geklagt und – recht gekriegt.

Mit dem überraschenden Urteil ist klar: Wer sich heute noch an die Vorgaben aus Rom hält, ist selber schuld und muß diese Haltung, wie anderen Luxus auch, sündhaft teuer bezahlen. Der Papst ist nicht mehr justitiabel. Seine Enzykliken und Moralkodizes sind alles andere als gerichtsfest, halten weltlichen Maßstäben nicht mehr stand, gefährden die materielle Existenz von Gläubigen.

Wird das Urteil, dessen schriftliche Begründung noch nicht vorliegt, tatsächlich rechtskräftig, müßte der Vatikan seine Enzykliken künftig mit Warnhinweisen versehen: „Obacht! Wer diese Äußerungen ernst nimmt, wird mit Geldstrafen nicht unter 8.000 Francs bedroht.“

Sollte das Urteil angefochten werden und der Apotheker in der nächsten Instanz recht bekommen, ist der Verhütungsnotstand in Salleboef dennoch, zumindest für die Männer, zu Ende. Ein Kondomhersteller hat sich der Verhütungswilligen erbarmt und einen ungläubigen Automaten in dem Ort aufgestellt. Manfred Kriener

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