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An Rot-Grün vorbeigeschrammt

■ Wie die Wandsbek-Connection im Bezirk zuschlägt: SPD-Fraktionschef Rösler wäre die GAL lieber gewesen

Von wegen SPD-Linksruck: Zur großen Enttäuschung der GAL kam es in Hamburgs größtem Bezirk Wandsbek nicht zum rot-grünen Bündnis. Als „Richtungsentscheidung der SPD“, die weit über die eigentlichen Streitpunkte auf Bezirksebene hinausgehe, wertete der GAL-Bürgerschaftsvorsitzende Willfried Maier gestern das vorläufige Ergebnis der Wandsbeker Koalitionsverhandlungen. Am Sonntag abend hatten die Sozis nach wochenlangem Hin- und Her-Geliebäugele zwischen grün und schwarz schließlich die Christdemokraten um die große Koalitionshand angehalten.

Gerührt und mit entsprechend zittriger Handschrift versicherten der CDU-Bezirksfraktionsvorsitzende Gerhard Fuchs und Oppositionschef Ole von Beust – zugleich Vorsitzender der Wandsbeker CDU – in einem handgeschriebenen Fax, sie würden „Anfang Dezember eine verantwortungsvolle Aussage zu dem Angebot machen.“ Auf Hamburger Ebene, erklärte von Beust, sei die Große Koalition aberkein Ziel.

Die Querelen im Bezirk um die Kooperationsnachfolgerin für die SPD – die Fraktion der Wandsbeker Statt-Partei war im Dezember 1994 auseinandergebrochen – sind damit nur vordergründig beigelegt. Denn über die Entscheidung des SPD-Kreisvorstands ärgert sich nicht nur die GAL, die sich, so Fraktionschef Wolf-Dieter Rösler, „gute Chancen auf die Regierungsbildung ausgerechnet“ hatte. „Genau wie große Teile meiner Fraktion hatte ich eine andere Präferenz“, gestand SPD-Fraktionschef Ingo Egloff der taz. Prinzipiell sei es sinnvoller gewesen, sich für rot-grün zu entscheiden.

Die angeblichen rot-grünen Knackpunkte habe seine Fraktion nicht „für so gravierend gehalten wie der Kreisvorstand“. Die GAL hatte den Rückbau der Alten Landstraße von vier auf zwei Spuren sowie 50 Sozialwohnungen für Asylberechtigte in der ehemaligen Boehn-Kaserne gefordert. Eine Kritik, die bei Umweltsenator Fritz Vahrenholt, SPD-Verhandlungsführer, nur Schulterzucken auslöst: „Koalitionsverhandlungen werden zwischen Parteien geschlossen, nicht zwischen Fraktionen.“ Der Straßenrückbau hätte verkehrspolitisch keine Veränderungen herbeigeführt, sondern nur „Symbolcharakter“. Über Sozialwohnungen speziell für Asylberechtigte befindet Vahrenholt: „Es geht nicht, daß bei den Hamburgerinnen und Hamburgern der Eindruck entsteht, Asylberechtigte würden ihnen gegenüber bei der Vergabe von Sozialwohnungen bevorzugt.“

„Wandsbek war eben schon immer der Bezirk, über den die SPD-Partei-Rechte ihre Signale setzte“, so GAL-Chef Maier säuerlich. Wenn sich die Verhandlungen auf Bezirksebene beschränkt hätten, säßen seine Bezirkskollegen jetzt mit im Boot. Doch als sich Anfang November Fritz Vahrenholt und Günter Elste, SPD-Fraktionschef und SPD-Wandsbek-Vorsitzender, in die Diskussion einmischten, ist es nach taz-Informationen zu unschönen Szenen gekommen sein: In Rumpelstilzchenmanier soll Vahrenholt gegen einen von der GAL geforderten Kinderschutzbeauftragten „super knurrig und maßlos gegiftet haben, daß selbst seine eigenen Leute konsterniert waren“, berichtet ein Teilnehmer. Heike Haarhoff

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