: Friedensplan mit weißen Flecken
■ Bosnien-Delegierte verhandeln für ein Teilergebnis
Genf (taz) – Bei den Bosnien-Verhandlungen in Dayton, Ohio, wurde gestern nach Angaben von Diplomaten beteiligter Staaten mit der Unterzeichnung zumindest eines Teilabkommens noch vor Ende des Tages gerechnet. Der Sprecher des US-Außenministeriums, Burns, erklärte am Nachmittag, noch seien sowohl ein Erfolg wie ein Scheitern möglich. Zuvor hatten die USA die Frist von Montag, 16 Uhr, die sie den Konfliktparteien gestellt hatten, auf den Abend verschoben.
Als die ursprüngliche Frist ablief, hatten sich die Konfliktparteien lediglich auf einige Teile des von den Vermittlern vorgelegten Entwurfs für ein Abkommen vollständig geeinigt: einen dauerhaften Waffenstillstand; die Entflechtung der gegnerischen Truppen und die Einrichtung eines Puffers, in dem Soldaten der von der Nato geführten Truppe stationiert werden sollen; die Schaffung einer neunköpfigen Präsidentschaft für Bosnien- Herzegowina mit jeweils drei Muslimen, Kroaten und Serben; Teile der künftigen Verfassung für Bosnien-Herzegowina und die beiden vorgesehenen Teileinheiten Muslimisch-kroatische Föderation und Serbische Republik. Weiterhin umstritten blieb der Ost-West-Korridor, der sich durch die nordbosnische Save-Ebene zieht. Die von Serbiens Präsident Milošević geführte serbische Delegation forderte eine Verbreiterung des derzeit drei Kilometer breiten Korridors auf 15 Kilometer, die Muslimisch-kroatische Föderation wollte eine Verbreiterung auf maximal sieben Kilometer konzedieren. Die bosnische Regierung verlangte ihrerseits eine Verbreiterung der Landverbindung zwischen Sarajevo und Goražde. Ungeklärt waren darüber hinaus einige Details der Verfassung, die Frage, welche der kürzlich zurückeroberten Städte in Nordwestbosnien die Muslimisch-kroatische Föderation an die Serben zurückgeben muß, sowie der Status Sarajevos. Schließlich forderte die bosnische Regierung für die Auslieferung als Kriegsverbrecher angeklagter Personen, darunter Serbenführer Karadžić und General Mladić, eine eindeutigere Vertragsregelung als von den Vermittlern vorgeschlagen. Diplomaten gingen gestern davon aus, daß ungeklärte Fragen aus dem Abkommen ausgeklammert bleiben und auf Verhandlungen in den kommenden Wochen verschoben werden. Andreas Zumach Seite 8
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen