: Stille Post
Eben brechen die letzten Dämme. „Hast Du mal ein Tembo?“ schnieft die Dame im Kinosessel neben mir. Dann fließen Tränen und andere Flüssigkeiten, und Meryl Streep blickt sehnsuchtsvoll ihrem davonziehenden Ritter nach. Wird Hollywood-Kitsch geboten? Nein, sondern einfach eine anrührende Geschichte: Die Brücken am Fluß. Offenbar haben auch die Amis begriffen, daß man – statt ständig die Schnittfrequenz und den Special-Effects-Einsatz zu erhöhen – im Kino wieder ruhige Geschichten erzählen kann. Es muß nicht mal was besonderes passieren. Das dröge Landleben mit seinen kleinen Fluchten reicht da völlig, um abendfüllend zu unterhalten. Ebenso das mähliche Treiben im Tabakladen um die Ecke, zu erleben in Smoke. Hoffen wir, daß dieser Zauber nach Weihnachten nicht wieder gleich von der Leinwand verschwindet.
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In der Fremde ist die kunstsinnige Bremerin leicht verunsichert. „Das soll Tanztheater sein?“ Zu Hause wurden auf der Bühne doch immer die Beziehungen zwischen den Geschlechtern durchzukonjugieren. Und nun in Oldenburg, am letzten Sonntag in der Kulturetage, während der ersten Minuten von „What the Body does not remember“ der Belgischen Tanztruppe von Wim Vandekeybus, half nur eines: Gaaanz tief durchatmen und sich möglichst am Stuhl festhalten. Die zehn jungen Tänzer der Spitzen-Truppe trieben den Adrenalinspiegel in die Höhe: mit zeitgenössischem Tanz aus Belgien und purer Action. In schweren Springerstiefeln jagten sie sich über die Bühne, umarmten sich und warfen mit Ziegelsteien um sich. Oldenburg kann aufregend sein. taz
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