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Ende einer Dienstfahrt nach Asien

■ Vor seinem Abflug aus Singapur kündigt Kanzler Kohl einen EU-Asien-Gipfel im nächsten Frühjahr an und verteidigt erneut seinen Militärbesuch in China

Singapur (AP/taz) – „Wer die Welt nicht kennt, hat oft fatale Vorstellungen von der Welt“, stellte Bundeskanzler Kohl gestern in Singapur fest. Dann machte er sich auf den Heimweg. Zehn Tage lang hatte er China, Vietnam und zuletzt Singapur besucht.

In dem südostasiatischen Stadtstaat hob er abschließend die große Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen Europa und Asien hervor. In den ersten Märztagen kommenden Jahres soll deshalb in der thailändischen Hauptstadt Bangkok eine Gipfelkonferenz der 15 EU-Mitglieder und 10 asiatischer Staaten stattfinden. Dabei werden neben China, Japan und Südkorea auch die Asean-Länder (Indonesien, Malaysia, Philippinen, Singapur, Thailand, Vietnam und Brunei) vertreten sein.

Daß der Asienbesuch des deutschen Regierungschefs parallel zum Gipfeltreffen der Pazifik-Anrainerstaaten (Apec) im japanischen Osaka stattfand, ist nach Auskunft des Bonner Kanzleramtes „Zufall“. Die Kohl-Reise sei lange geplant und völlig unabhängig von dem Apec-Treffen organisiert worden.

Bei dem Osaka-Treffen hatten die 18 Apec-Staaten weitreichende Pläne verkündet: Sie wollen in ihrer Region nicht nur eine Freihandelszone schaffen, sondern ihre wirtschaftliche, politische und sicherheitspolitische Zusammenarbeit entscheidend verstärken. Zu den Apec-Staaten gehören auch die USA und Kanada. Europäische Beobachter fürchten, daß sich hier eine gemeinsame Front gegenüber der EU aufbauen könnte. Bislang war es eher umgekehrt: asiatische Staaten beklagten sich gegen den EU-Protektionismus.

Helmut Kohl erklärte gestern in Singapur, gerade der Stadtstaat und die Bundesrepublik „als Bannerträger des freien Welthandels“ seien auf eine Welt ohne Marktzugangsbeschränkungen angewiesen. Sowohl die Bundesregierung wie auch die Regierung von Singapur sollten darauf hinarbeiten, daß mit möglichst kleinen Delegationen Ergebnisse erzielt werden. Die Konferenz solle „Horizonte öffnen“. Kohl wolle alles dafür tun, daß auf beiden Seiten „kein Festungsdenken“ Platz greife.

Der Kanzler verteidigte noch einmal seinen Besuch bei der chinesischen Armee während seines Peking-Aufenthalts vor einer Woche, der in Deutschland auf heftige Kritik gestoßen ist.

In diesem Zusammenhang fiel auch sein Wort von den „fatalen Vorstellungen von der Welt“: Ein Dialog mit der chinesischen Armee sei nützlich, um solche Vorstellungen zu verändern.

In Bonn haben die Bündnisgrünen im Bundestag für den morgigen Donnerstag eine aktuelle Stunde zur Debatte über Kohls Truppenbesuch beantragt.

Kohl erinnerte daran, daß er bereits Mitte der achtziger Jahre den Kontakt zu sowjetischen Militärs gesucht habe. Aus dem Umstand, daß er die chinesischen Soldaten besucht habe, sei nicht zu schließen, daß er das gesellschaftliche System Chinas akzeptiere. Vielmehr vertrete er die Ansicht, daß mit der wirtschaftlichen Öffnung zwangsläufig auch eine Öffnung in bezug auf die Bürgerrechte einhergehe. Erneut bekräftigte der Bundeskanzler die „Ein-China-Theorie“ und berief sich dabei auf Konrad Adenauer sowie auf die Tatsache, daß China stets die deutsche Einheit gefördert habe. „Es kann nicht unsere Art sein, Wohltaten, die wir empfangen haben, zu vergessen“, sagte Kohl.

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