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Innovation von oben

■ Am Wochenende beginnt der 7. Bremer Tanzherbst: Kooperation zwischen Freien und Tanztheater

In diesem Herbst, in dem in der Stadt neben anderen Sparmaßnahmen wieder einmal laut über die Schließung des Tanztheaters nach- gedacht wird, startet der 7. Bremer Tanzherbst am Wochenende in großem Format: ein Mammutprogramm, das drei Veranstalter auf vier verschiedenen Bühnen und in Kooperation mit dem Bremer Theater, dem Instituto Cervantes, diversen Bremer Schulen und der VHS veranstalten. Ein in offensiver Versuch, um aus dem Getto der kleinen Tanzgemeinde Bremens auszubrechen? Weit gefehlt. Hans Diers von der Programmkonzeption des Tanzherbstes erläutert: „Das war eher ein Wink mit dem Zaunpfahl aus den Kulturbehörde. Die haben uns bedeutet, daß wir ohne Kooperationspartener kein Geld mehr erwarten können.“ In der Wirtschaft sagte man: Innovation von oben.

Das Resultat kann sich sehen lassen, im siebten Jahr seines Bestehens konnte das Festival seinen Output verdoppeln: Statt ehemals 10.000 Mark Subventionen konnten jetzt aus den unterschiedlichsten Töpfen 35.000 Mark eingeworben werden. Bis zum 3. Dezember werden neben Filmvorführungen und Workshops zehn große Tanztheatervorführungen auf Bremer Bühen zu sehen sein, darunter das Kontorhaus, die Galerie Rabus und das Schauspielhaus.

Überdeutlich engagiert: das Bremer Theater. Spielte sich der „Tanzherbst“ früher nur im Freiraumtheater ab, so finden jetzt die großen Produktionen im Schauspielhaus statt. „Erstmals gibt es jetzt diese Annäherung zwischen freier Szene, die das Festival ja organisiert und dem Ensemble des Tanztheaters“, sagt Hans Diers . Früher habe das unterschiedliche technische Niveau oft die Verständigung behindet. Die Stimmung habe sich verändert, seit Susanne Linke das Tanztheater leite. Der Grund: Linke kommt ursprünglich selbst aus der freien Szene.

Niederschlagen wird sich dieser Impuls in diversen Aufführungen: „Zweihundertelf“ ist eine Produktion von Ensemblemitgliedern des Bremer Tanztheaters, „Junge Choreographen“, einer Produktion des Tanztheaters. Bei der Podiumsdiskussion im Kontorhaus lautet die Frage, unter Beteiligung von Susanne Linke, Ursula Siefken-Schulte, Matthias Früh, Lore Kleinert, Klaus Witzeling und Susanne Schlicher, was ist der Stellenwert von „Tanz in Bremen“? Eine Frage, die sich zur Zeit nicht um die Qualität drehen dürfte, sondern existenzielle Ausmaße annimmt. So gewinnt die Kooperation zwischen freier Szene und Tanztheater auch plötzlich neuen Sinn. Schließlich geht es durch die Diskussion um die Schließung des Tanztheaters denen an den Kragen, die bislang fest im Sattel zu sitzen schienen.

Doch die Perspektive geht über den heimischen Tellerrand hinaus. Mit dem Gastspiel „Haz de Luz“der Gruppe Diez y Diez Danza hat man ein Tanztheater aus Madrid eingeladen, dem neben Ausdrucksstärke auch Risikofreude nachgesagt wird. Mit dieser Mischung sind sie im Herbst 95 in Bremen richtig . rau

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