Social-Cops fürs City-Image

■ Neues ABM-Programm für schwer Vermittelbare: 43 Frauen und 7 Männer werden in der City auf die Touristen losgelassen. Auch im Doppeldecker mit dabei

Verzweifelt rannte der 21jährige Anis El-Ouaiti durch den Raum, in dem gleich die Pressekonferenz von Arbeitssenatorin Christine Bergmann (SPD) beginnen sollte. „Gibt es hier denn wirklich niemanden, der einen Schlips binden kann?“ rief der gebürtige Araber fassungslos, seine blaue Krawatte wie ein Lasso schwenkend. Der Schlips muß sein, denn er gehört zu seiner neuen Uniform: weißes Hemd, marineblauer Anzug. Eigentlich ist Anis El-Ouaiti Elektrohelfer, doch nach 13 Monaten Arbeitslosigkeit hat er jetzt zusammen mit 49 anderen arbeitslosen Berlinern einen neuen Job: „City- Social-Cop“. Das von der Senatsverwaltung für Arbeit geförderte ABM-Projekt wurde vom Arbeitsamt III (Charlottenburg und Spandau) ins Leben gerufen und soll Berlins Image aufpolieren. Die City-Social-Cops sind eine Art Touristenführer, die aber nur an den zentralen Bushaltestellen des Ku'damms zum Einsatz kommen. Zwischen KaDeWe und Adenauerplatz werden sie tagsüber in den Linien der Busse 119, 129 und 219 mitfahren und orientierungslosen Touristen mit Auskünften über Verkehrsverbindungen, Übernachtungsmöglichkeiten und Sehenswürdigkeiten zur Seite stehen. Auch hilflosen Einheimischen sollen sie beim Ein- und Aussteigen behilflich sein.

„Nirgendwo sonst ist der Stadtplan so schnell veraltet wie in Berlin“, sagte Arbeitssenatorin Bergmann gestern, als sie das Projekt vorstellte. Mit mehr als drei Millionen Gästen pro Jahr sei die Tourismusbranche der fünftgrößte Wirtschaftszweig der Stadt. „Ich hoffe, daß diese guten Geister der Berliner City bald zu einem festen Begriff werden.“ Die Lohnkosten für die Social-Cops belaufen sich auf 1,9 Millionen Mark. 190.000 Mark plus Sachkosten trägt die Senatsverwaltung, den Rest der Bund.

Die „guten Geister“ saßen derweil am Nebentisch, rauchten eine Zigarette nach der anderen und waren sichtbar aufgeregt. 43 der insgesamt 50 Social-Cops sind Frauen, die weiße Blusen zu bordeauxroten Kostümen tragen. Sie und die 7 Männer waren entweder schon lange arbeitslos oder gelten wegen ihrer Qualifikation als schwer vermittelbar. Die Auswahl hatte das Arbeitsamt nach Durchsicht der Arbeitslosenkartei der Bezirke Spandau und Charlottenburg getroffen. Zu den Auserwählten gehören eine Filipina, ein Türke, ein Albaner, ein Spanier, eine Russin und der Araber Ouaiti. Die Jüngste ist 21 und die Älteste 55 Jahre. Gefragt waren Selbstbewußtsein, gepflegtes Äußeres und möglichst Sprachkenntnisse. Zum Leidwesen der 50 Social-Cops ist das Projekt bislang jedoch nur für ein halbes Jahr bewilligt. Danach soll laut Bergmann erst einmal Zwischenbilanz gezogen werden. „Hoffentlich werden wir später übernommen“, wünschte sich eine 49jährige ehemalige Telefonistin, die seit fünf Jahren arbeitslos ist, sehnlichst. Der Job gefalle ihr sehr gut, sie habe auf dem Arbeitsmarkt sonst doch keine Chance mehr. „Nur bei 15 Grad minus ist es etwas hart.“

Auch Anis El-Ouaiti, der nach der Pressekonferenz immer noch keinen gefunden hat, der einen Schlips binden kann, hofft sehr auf eine Festanstellung. Mittlerweile haben so viele Hände einen Knoten an der blauen Krawatte probiert, daß die Naht eingerissen ist. Plutonia Plarre