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■ Mediengigant Murdoch will mit lateinamerikanischen Partnern den Kontinent per Satellit erobern

Rio de Janeiro (taz) – Das Motto lautet Risikostreuung bei gleichzeitiger Gewinnmaximierung. Zwei Monate suchte der australische Mediengigant Rupert Murdoch nach finanzkräftigen Partnern für den Einstieg ins lateinamerikanische Satelliten-TV- Netz. Am Montag verkündete er in New York feierlich seinen Verhandlungserfolg: Zusammen mit dem brasilianischen Fernsehanbieter „Globo“, der mexikanischen Gruppe „Televisa SA“ und der amerikanischen Kabelgesellschaft „Tele-Communication Inc.“ will Murdochs „News Corporation“ die Lateinamerikaner mit rund hundert neuen Fernsehprogrammen beglücken.

Die Elefantenhochzeit ist nicht nur für Murdoch von strategischer Bedeutung. Globo, Marktführer im Bereich Kabelfernsehen, will seine Position im Satelliten-TV innerhalb Brasiliens ausbauen. Seit dem Bruch des staatlichen Monopols im Bereich Telekommunikation im Juni dieses Jahres ist die Kontrolle des Satellitengeschäftes durch die staatliche brasilianische Holding „Embratel“ nur noch eine Frage der Zeit. Brasiliens Kommunikationsminister Sergio Motta wird in der kommenden Woche die Richtlinien für die Vergabe von öffentlichen Konzessionen im Bereich Telefon, Datenverkehr und Satellitenbenutzung verkünden.

Bis jetzt teilen Globo, viertgrößter privater Fernsehkonzern weltweit, und das brasilianische Abonnementfernsehen „TVA“ die rund 1,2 Millionen Pay-TV-Nutzer in Brasilien allein unter sich auf. Experten gehen davon aus, daß sich die Zahl der Zuschauer in den nächsten zehn Jahren mindestens verdreifacht. Globo-Chef Roberto Marinho und Verleger Murdoch reservierten bereits im vergangenen September elf Transponder auf dem Satelliten Intelsat für die Ausstrahlung von Fernsehprogrammen mit dem „DTH“-System (Direct to Home). Kostenpunkt: 500 Millionen US-Dollar. „Marinho und Murdoch brauchten zusätzliche Teilhaber, um Kosten und Risiken zu senken“, meint Medienjournalistin Lidia Reboucas. Programmproduzenten wie Globo und die mexikanische Fernsehanstalt Televisa würden vom Know- how der Kabelexperten Tele- Communication Inc. und News Corporation profitieren und umgekehrt. Nach Angaben des Wirtschaftsdienstes Bloomberg Business News liegen die Anteile von News Corporation, Globo und Televisa bei jeweils 30 Prozent. Die amerikanische Firma TCI ist mit zehn Prozent an dem Konsortium beteiligt.

Beim Kosten- und Risikosplitting handelt es sich um einen „Erfahrungsaustausch“ auf höchster Ebene: Televisa kontrolliert mit ihren vier Fernsehstationen 85 Prozent des mexikanischen Fernsehpublikums. Roberto Marinhos Medienimperium umfaßt neben dem allmächtigen Fernsehen zahlreiche Radiostationen und Fachzeitschriften, Brasiliens zweitgrößte Tageszeitung und das Kabelfernsehen NET. Außerdem werden unter dem Globo-Dach Telefonzentralen hergestellt. Gegenüber Verleger Rupert Murdoch jedoch verblaßt selbst Brasiliens mächtigster Mann zu einem mittelständischen Unternehmer. Der Australier kann laut Spiegel mit seinen Fernsehkanälen rund zwei Drittel der Weltbevölkerung erreichen. Die Auflage der von ihm verlegten 150 Zeitungen und Zeitschriften übertrifft 60 Millionen Exemplare.

Murdochs lateinamerikanische Ambitionen kamen Roberto Marinho gerade recht. Mit Sorge beobachtete der brasilianische Medienzar die fast metternichsche Allianzpolitik seines Konkurrenten TVA. Das Kabelfernsehunternehmen schloß sich zu Beginn des Jahres mit „Walt Disney“, „Hughes“ (General Motors) und „MVS Multivision“ zusammen. An dem Bau des Satelliten Galax 3, der am 14. Dezember in Umlauf gebracht werden soll, ist TVA mit einer Milliarde Dollar beteiligt. Globo, Marktführer beim Kabelfernsehen, will jetzt im Bereich Satellitenübertragung nachziehen. Denn Verkabelung rechnet sich in dem südamerikanischen Land mit kontinentalen Ausmaßen nur in Ballungsräumen.

Wie Globo mit seinen Konkurrenten umspringt, offenbart der jüngste Politskandal in Rio de Janeiro. Marinhos Kabelunternehmen NET profitierte von den Bauarbeiten der Stadtverwaltung und ließ auf Kosten der Steuerzahler seine Fernsehkabel unter die Erde legen. Konkurrent TVA, der sich ebenfalls an den Bauarbeiten beteiligen wollte, ging leer aus. Rios Bürgermeister Cesar Maia braucht sich jedoch vor den Ergebnissen einer bereits beantragten parlamentarischen Untersuchungskommmission nicht zu fürchten: Eine positive Berichterstattung bei Globo ist ihm sicher. Ein Faktor, der angesichts der politischen Ambitionen des Bürgermeisters, der 1998 in den Gouverneurspalast einziehen will, nicht zu unterschätzen ist. Astrid Prange