: Wasser im Wein
■ betr.: „Immer mehr Gläubige predigen öffentlich Wein“, taz vom 20. 11. 95
Noch während der Auszählung hat der Vatikan jede Menge Wasser in den Wein gegossen: Am 18. 11. 95 veröffentlichte die vatikanische Glaubenskongregation im Auftrag von Papst Johannes Paul II. ein Dokument, in dem das Nein zur Priesterweihe von Frauen zum Grundbestand des Glaubens gerechnet wird und deshalb als „unumkehrbar“ und „unfehlbar“ gilt. „Diese Doktrin verlangt definitive Zustimmung, weil sie, auf das Wort Gottes gegründet, [...] vom Lehramt auf unfehlbare Weise festgelegt wird.“
Theologische Arbeiten, auch von römisch-katholischen Autoren, die begründet zu einem anderen Ergebnis gekommen sind, werden damit eo ipso verworfen. Dieses unfehlbare und unumkehrbare Nein zur Frauenordination hat nicht allein innerhalb der römisch- katholischen Kirche Auswirkungen.
Eine Versöhnung der Ämter und die volle sakramentale Gemeinschaft vor allem am Tisch des Herrn, zwischen der römisch-katholischen Kirche und anderen Kirchen, in denen ordinierte Frauen wirken, wird weiter erschwert, wenn nicht gehindert. Das betrifft auch Kirchen, die – wie die anglikanische und alt-katholische – in der Lehre vom dreigestuften apostolischen Dienstamt weitestgehend mit der römisch-katholischen und der orthodoxen Kirche übereinstimmen, wie es die offiziellen Dialoge dargetan haben.
„Unumkehrbar unfehlbar“ – damit ist auch Hans Küngs Traum ausgeträumt, ein Johannes der Vierundzwanzigste werde alles Anstößige neu ordnen.
Es zeigt sich aufs neue die Wirkungsgeschichte der Papstdogmen von 1870 und damit einer Sicht des kirchlichen Leitungsamtes, die der frühen Kirche unbekannt war und damit nicht zum Glaubensbestand gerechnet werden kann. Der Widerspruch der zahlenmäßig immer noch kleinen Gruppe der Alt-Katholiken (alt = nichts, was es in der alten Kirche nicht gegeben hat!) ist brandaktuell geblieben. Sigisbert Kraft, Bischof i. R.,
Waghäusel-Kirrlach
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen