: Kohl bleibt ein Kalter Krieger
■ Der Bundeskanzler erklärt: Mit der PDS zieht die SPD ihre eigene Konkurrenz groß. Eigenlob für China-Reise
Bonn (taz) – Bundeskanzler Kohl nutzte die gestrige Bundespressekonferenz in Bonn zum Wahlkampfauftritt. Selbstzufrieden bilanzierte er seine Asienreise, bevor er zu scharfer Polemik über seinen neuen Gegner, SPD-Chef Oskar Lafontaine, ausholte. Die Warnung vor SPD-PDS-Annäherungen – ob „offen verbrüdert“ oder „unter dem Tisch gefingert“ – machte Kohl zum zentralen Anliegen seines Auftritts. Mit der PDS zögen die Sozialdemokraten „ihre eigene Konkurrenz groß“. Jetzt habe er endlich wieder ein Thema in den beginnenden Landtagswahlkämpfen.
Kohl äußerte „ausgesprochene Freude“ über die kommenden Auseinandersetzungen. „Auf geht's“ sei seine Parole, warm angezogen sei er schon, aber nur „weil ich permanent erkältet bin“. Lafontaine könne ihm allenfalls beim „Essen“ Ratschläge geben. Mit dem SPD- Chef habe er übrigens gerade ein Treffen vereinbart. Der Machtwechsel an der SPD-Spitze hätte für ihn „ein Maß an Schäbigkeit“ offenbart; was dort „handstreichartig“ vorbereitet worden sei, wäre einzigartig in der Geschichte der SPD. Die vielen Enkel dort würden ihm aber keine Angst machen, 1998 noch einmal anzutreten. „Das höre ich gern.“
So viel Lob – „das geht mir rein wie Honigseife“, strahlte Kohl. Unwirsch vernahm Kohl, daß in der CDU im Osten einige auch anders über die PDS denken, davon wisse er nichts. Über Richard von Weizsäckers Rat, die PDS nicht durch Ausgrenzung zu stärken und freundlicher und demokratischer mit ihr umzugehen, grollte Kohl: „Ich habe nicht die Absicht, als CDU-Vorsitzender ihm in dieser wie in anderen Fragen zu folgen.“ Kohls „Not muß groß sein“, reagierte prompt SPD- Bundesgeschäftsführer Müntefering. Wer sein Heil „nur in schamlosen Attacken auf die Opposition sucht, hat die eigene Zukunft schon abgeschrieben“.
Seine Reise nach China hätte „die mit Abstand größte Bewegung“ in die beiderseitigen Beziehungen gebracht, lobte sich Kohl. Die Offenheit für Deutschland sei dort enorm und der wirtschaftliche Reformkurs stabil. Bei dieser „unermeßlichen dynamischen Entwicklung muß man mit von der Partie sein“, schwärmte der Kanzler. Die Japaner seien in unserem Wirtschaftsraum aktiv, jetzt müßten sie zur Kenntnis nehmen, daß „wir bei ihnen im Geschäft sind“. Daß er als Handelsvertreter bzw. „Stamokap“ in Asien gewesen wäre, verneinte Kohl. Ferner sei es ein Wunsch der Chinesen gewesen, daß er das Militär besuche. Dort hätte er es nicht mit der alten Garde zu tun gehabt, sondern mit den Nachgeborenen. Diese Kommunisten seien nicht so gefährlich wie die in der PDS, denn diese wären „Kommunisten in einem freien Land“ und wollten „eine andere Republik“. Zu Vietnam sagte Kohl, er habe Wert darauf gelegt, daß die Rückübernahme der Vietnamesen aus Deutschland „eine ganz wichtige Frage des gegenseitigen Vertrauens“ sei. Holger Kulick
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen