: Multikulti auch für Rechte
■ Herausgeber des „Sleipnir“ fischen nach Beschlagnahme ihrer Zeitschrift um Anerkennung auch im linken Lager
Linke und bürgerliche Autoren sollen sich vor den rechten Karren spannen lassen. Das jedenfalls plant der „Verlag der Freunde“, der gegen die Beschlagnahme seiner Unterlagen durch die Polizei protestiert. Mit linken Termini wie der „multikulturellen Gesellschaft“ und einem „runden Tisch zur FDGO“ fischen die Rechten nach Unterstützung der Mitte, seit die Polizei bei einer Durchsuchung ihres rechten Verlages am vergangenen Mittwoch bis auf die Erstausgabe sämtliche Nummern der Zeitschrift Sleipnir wegen Volksverhetzung in Zusammenhang mit der Auschwitz-Leugnung eingezogen hat.
Seit Anfang des Jahres erscheint Sleipnir als „Zeitschrift für Kultur, Geschichte und Politik“. Sie bietet ein Forum für bekannte Holocaust-Leugner wie Fred Leuchter, in den USA Konstrukteur von Hinrichtungsapparaten, der versucht, die Funktionsfähigkeit der Gaskammern in Auschwitz zu widerlegen, oder Ernst Zündel, deutsch-kanadischer Propagandist im weltweiten Netz der Nationalsozialisten.
Andreas Röhler, einer der Herausgeber des Blattes, gibt vor, stets auch kritische Stimmen zu diesen Beiträgen zu veröffentlichen. Sleipnir versucht ähnlich wie die Junge Freiheit durch Einbindung bürgerlicher oder linker Autoren rechte Themen gesellschaftsfähig zu machen. Das Scheinbild eines ausgewogenen Blattes wird jedoch häufig ohne Wissen der Autoren hergestellt. So waren Beiträge von Ralph Giordano und Petra Morawe, ehemalige Leiterin des Büros der Bündnisgrünen im Reichstag, nach Angaben des Antifaschistischen Info-Blattes keineswegs zur Veröffentlichung im Sleipnir gedacht.
Röhler will nun die Beschlagnahme für seine Zwecke nutzen. Mit der Frage, ob nicht zum Beispiel auch die Rechte zur multikulturellen Gesellschaft gehöre, will er Wissenschaftler und Publizisten für seine geplante Textsammlung „Ein runder Tisch für die FDGO“ gewinnen.
Der „Verlag der Freunde“ war erstmals 1993 in Erscheinung getreten. Nach der damaligen Verhaftung von Fred Leuchter hatte Röhler versucht, Autoren aus dem antifaschistischen Spektrum für sein Buchprojekt „Briefe ins Gefängnis“ zu gewinnen. In seinem Versandkatalog vertreibt der Verlag dagegen einschlägig Rechtes wie Nazi-Propagandafilme auf Video. Gereon Asmuth
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