Der Putsch der Pufferküsser

■ Fahrgastverband IGEB aus der Anti-Tunnel GmbH ausgeschieden. Hoffnung auf Revision der Entscheidung

Die Front der Gegner des Tiergartentunnels beginnt zu bröckeln: Wie erst jetzt bekannt wurde, ist der Fahrgastverband IGEB, einer der wichtigsten und einflußreichsten Verbände der „Anti-Tunnel GmbH“, bereits im September aus dem Bündnis ausgetreten. Auf einer Mitgliedervollversammlung der IGEB am 22. September stimmte eine knappe Mehrheit der Anwesenden für den Austritt. Der Machtkampf, der zugunsten der unkritischen Bahnbefürworter, intern „Pufferküsser“ genannt, entschieden wurde, soll nun auf der nächsten Mitgliederversammlung möglicherweise revidiert werden.

Hintergrund für die Abstimmung ist der Streit um die richtige Politik gegenüber den Bauvorhaben der Bahn. Den eher konservativen Mitgliedern war die politische Arbeit der „Anti-Tunnel GmbH“ schon lange ein Dorn im Auge, heißt es. Auch das Signal, die Mitgliederzeitschrift der IGEB, schwieg sich aus: Weder in der Oktober- noch in der Novemberausgabe der Zeitschrift wird über den Ausstieg informiert.

Vorstandsmitglied Matthias Horth spricht von einer „Zufallsmehrheit“, die zum Austritt geführt habe. Schon seit langem gebe es unter den 250 Mitgliedern „eine Reihe von Leuten aus der Eisenbahnecke, die dem Eisenbahntunnel durchaus positive Aspekte abgewinnen können“. Wie die meisten IGEB-Mitglieder sei auch er „mächtig überrascht und empört“. Horth ist sicher, daß die „haarsträubende Entscheidung“ auf der nächsten MVV revidiert werde.

Rudi Blais, langjähriges IGEB- Mitglied, nennt den Austritt einen „gezielten Dolchstoß“. Auf der MVV wären die Mitglieder von dem Antrag zum Austritt völlig überrascht gewesen. „Viele hielten das für einen Aprilscherz“, so Blais. Denn für einen Austritt habe es „keine ernsthaften Gründe“ gegeben. Doch die „Hardliner“ seien in der Mehrheit gewesen, und so sei der Antrag mit 17 zu 14 Stimmen angenommen worden. Blais selbst trat wie eine Handvoll anderer nach dem „gezielten Putschschachzug“ aus dem vor fünfzehn Jahren gegründeten Fahrgastverband aus. Auch Jan Werner, Sprecher der Bürgerinitiative Westtangente, eine der sechzig Organisationen der Anti-Tunnel GmbH, hat den IGEB-Austritt mit „Verwunderung und Befremden“ zur Kenntnis genommen. Doch zu den „IGEB-politischen Gründen“ wollte er sich nicht äußern. Für die weitere Arbeit der Anti-Tunnel GmbH aber bedeute das Ausscheiden des Fahrgastverbandes nichts. Einzige Konsequenz sei, daß IGEB im Infomaterial nun nicht mehr aufgeführt werde. Die Anti-Tunnel GmBH rechnet noch im Dezember mit einer Entscheidung über den Baustopp bei den Bauarbeiten. wahn/ bpo