: Leicht entzündlich
■ Ab heute im Schlachthof: Explosiv- Internationales Festival des Jugendtheaters
Der Zündstoff kommt aus den Vorstädten.In Paris werden die Metrostationen überwacht, sämtliche öffentlichen Abfalleimer sind versiegelt und patrouillierende Soldaten zeigen auf den Boulevards Präsenz. Doch die Bomben, die das Zentrum der Stadt bedrohen, werden draußen in den Trabantensiedlungen gebastelt.
„Aus den Vorstädten“, sagt Michael Harre vom Schlachthof „das haben wir schon im letzten Jahr gemerkt, kommen die spannendsten Theaterstücke.“ Beim diesjährigen Jugendtheaterfestival Explosiv, das ab heute im Schlachthof präsentiert wird, zeigen die Jugendlichen ihre eignen Geschichten aus den Hochhaussiedlungen.
Mit der „East Side Story“ kommt ein Musical aus dem Bremer Osten auf die Bühne. Ausgangspunkt der Mammutinszenierung aus Osterholz-Tenever, bei der 70 Jugendlichen auf der Bühne stehen, war der Bandenkrieg zwischen rußland-deutschen Jugendlichen und einer türkischen Gang. Das Ergebnis hatte vor kurzem in Tenever Premiere. Ebenfalls aus den Hochhaussiedlungen der Vorstädte stammt die eingelandenen Gruppe „Teen Street“ aus Chicago. Allerdings arbeitet man bei Teen Street noch intensiver, die Schauspieler schreiben ihr Stück ganz eigenständig, versuchen, durch die künstlerische Arbeit, die eigenen verfahrenen Karrieren, die sie zum Teil in die Sackgassen Schulabbruch und Knast getrieben haben, wieder flott zu machen. Diese andere Arbeitsweise ist es aber, die im Zentrum der Aufmerksamkeit steht und dazu geführt hat, daß Teen Street nach Bremen eingeladen wurde. „Gerade der Austausch untereinander ist für viele eine Motivation auch bei geringem finanziellen Anreiz zum Explosiv-Festival zu kommen“, weiß Karl-Heiz Wenzel, der von Seiten des Senates das Festival vorbereitet hat. Nicht um eine Leistungsschau des Jugendtheaters geht es bei Exlosiv, sondern um den steinigen Weg dorthin. Die Jugendlichen können bis zum Samstag die Arbeitsmethoden der anderen Gruppen kennenlernen. In öffentlichen Demonstrationen stellt jede der angereisten Gruppen die eigene Arbeitsmethode vor und läßt sich in die Karten gucken. Von Vorteil dabei, wenn „Forma“ aus Polen kaum mit Sprache arbeitet. Die polnische Truppe hat den, im deutschen Jugendtheater noch ungewöhnlichen, Zweig des Bewegungs- und Tanz-Theaters weiter verfolgt. Nonverbale theatrale Ausdrucksmittel, das erleichtert die Verständigung. Last but not least: Die Gruppe teater 42 aus Belgien spielt „Geheime Freunde“, die Erzählung von jüdischen Kindern, die 1944 nach New York gekommen waren. Die belgischen Geschwister von Anne Frank spielen in Niederländisch zum Abschluß von Explosiv. rau
„Öffentliche Demonstrationen der Arbeitsmethoden“ jeweils um 15 Uhr und kostenlos, Kesselhalle des Schlachthofs
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