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Stellvertreterkriege im Parlament

■ Herwig Haase als CDU-Kandidat für den Parlamentspräsidenten nominiert. Alle Fraktionen wollen Vizeposten. Juristische Unklarheit, ob die Bündnisgrünen für den dritten Posten kandidieren dürfen

Der neue Präsident des Abgeordnetenhauses heißt mit großer Wahrscheinlichkeit Herwig Haase. Die CDU-Fraktion nominierte gestern den jetzigen Verkehrssenator als Kandidaten für das Amt, das morgen bei der konstituierenden Sitzung des Parlaments vergeben wird. Als Kandidat für einen Posten als Stellvertreter wählte die CDU den Abgeordneten Reinhard Führer.

Einzige Kandidatin der SPD für den ihr zustehenden Vizeposten war gestern die bisherige Vizepräsidentin Marianne Brinckmeier. Vor der Wahl des dritten Stellvertreters wird es viel Kopfzerbrechen und eine komplizierte Geschäftsordnungsdebatte geben. Fraglich ist weiterhin, ob die PDS den ihr als drittstärkster Fraktion zustehenden Vizesessel bekommt oder ob die Grünen sich mit ihrem Anspruch durchsetzen, ebenfalls im Präsidium vertreten zu sein.

In den letzten Wochen hatte es viele Vorschläge gegeben, die Zahl der Vizepräsidenten neu zu ordnen. So schlug die CDU vor, nur noch zwei Stellvertreter zu wählen, um die PDS auszubooten. Die SPD wiederum plädierte aus „Spargründen“ für nur einen Vize aus ihren Reihen. Bündnis 90/Die Grünen schlugen das „Grundmandat“ vor: Die CDU solle den Präsidenten besetzen, die Vizeposten sollten an jeweils einen Kandidaten von SPD, PDS und Grünen gehen. Dennoch zeichnet sich ab, daß die Zahl der Vizepräsidenten beibehalten wird. Nach Auskunft von Günter Kolodziej, dem Sprecher der PDS-Fraktion, hat sich der Ältestenrat gestern gegen die Stimmen der Grünen darauf verständigt, daß die Grünen als viertstärkste Fraktion nach dem d'Hondtschen Höchstzahlverfahren gar kein Vorschlagsrecht haben.

Der wissenschaftliche Dienst des Parlaments muß heute die Fragen klären, ob die Grünen ein Vorschlagsrecht haben, ob den anderen Fraktionen ein Vorschlagsrecht zuwächst, wenn die PDS- Kandidatin Gesine Lötsch mehrmals bei der Wahl durchfällt, und ob das unvollständige Präsidium mit zwei Vizes vorerst funktionsfähig ist.

Die Grünen wiederum beharren auf ihrem Vorschlag des „Grundmandats“. Wenn der nicht durchkommen sollte, wollen sie das Präsidium in einem Wahlgang in „verbundener Einzelwahl“ (alle Kandidaten auf einem Stimmzettel) wählen lassen. Wenn dies nicht möglich ist, soll die grüne Kandidatin Renate Künast in jedem einzelnen Wahlgang gegen die Kandidaten von CDU, SPD und PDS antreten.

Wenn die Grünen auch mit diesem Vorschlag scheitern, wird Künast ihre Kandidatur zurückziehen und die Frage des Vorschlagsrechts möglicherweise nachträglich vom Verfassungsgericht prüfen lassen. Einen Erfolg können die Grünen dagegen bei der Frage der Parlamentsausschüsse für sich verbuchen. Nachdem SPD und CDU ihren Vorschlag, sofort sämtliche Ausschüsse einzusetzen, letzte Woche noch abgelehnt hatten, wollen die Sozialdemokraten jetzt einen in allen Details gleichlautenden Antrag einbringen. Auch die Begründung ist die gleiche: Da gegenwärtig noch nicht abzusehen sei, wann ein neuer Senat gewählt werde, müsse das Abgeordnetenhaus handlungsfähig werden. Auch bei der CDU zeichnet sich ein Einlenken in dieser Frage ab. Bernhard Pötter/

Dorothee Winden

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