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SPD will weiter mit „Prinzip Hoffnung“ regieren

■ SPD-Fraktion bestätigte Spar-Vorgaben des Senats / „Hemelinger Tunnel“ komplett abgelehnt

„Es ist viel Prinzip Hoffnung dabei“, meinte gestern der SPD-Fraktionsvorsitzende Christian Weber, als er, zufrieden über den erfolgreichen Verlauf der SPD-Fraktionsklausur, die Ergebnisse für die Sanierungspolitik Bremens darstellen wollte. Durch strikten Sparkurs soll erreicht werden, daß der Schuldenstand von 17 Milliarden gehalten werden kann, hat die SPD beschlossen, allerdings muß man die 4,8 Milliarden „Investitionssonderprogramm“ (ISP) hinzurechnen, die als Schulden hinzukommen sollen.

In diesem Investitionsprogramm allerdings soll es zu Umschichtungen kommen: Der „Hemelinger Tunnel“, bestätigte Weber, ist politisch vom Tisch, und das nicht nur aus finanziellen Gründen – das Bauwerk drohte mit mindestens 600 Milliarden einen Löwenanteil der ISP-Mittel zu verschlingen. Und das, ohne auch nur zu einem Bruchteil die Kriterien zu erfüllen, an denen „Investition“ im gewöhnlichen Sinne des Wortes zu messen sind. Das mit dem Tunnel sei ein „selbstgemachtes Leiden“, meinte Weber, als ehemaliger Beiratssprecher Hemelingen habe immer darauf hingewiesen, daß das Tunnel-Projekt auch verkehrspolitisch unsinnig sei. Nicht in der sachlichen Abwägung, sondern am innerparteilichen Widerstand einflußreicher Genossen, die in betroffenen Gegenden dort wohnen, seien Alternativen vor Jahren gescheitert.

Im Gegenzug zum Tunnel, darauf besteht die CDU, soll auch das Projekt „Straßenbahn-Linie 4“ überprüft werden.

Nicht gekippt wurde das Projekt „Fischereihafenschleuse“ in Bremerhaven (250 Mio). Der stellvertrentende Fraktionsvorsitzende Wilfried Töpfer erklärte, die Argumente aus Bremerhavener Sicht seien überzeugend gewesen, zeitlich zumindest aufgeschoben werden könnten allerdings Ausbau-Maßnahmen im südlichen Fischereihafen-Bereich (125 Mio).

Für den Bereich der laufenden (konsumtiven) Ausgaben will die SPD einige Details mit der CDU vereinbaren: Toto- und Lotto-Abgabe soll um 4 Prozent erhöht werden, ein WAP-Kulturfonds soll mit 10 Millionen Mark die Attraktivität Bremens erhöhen, die Frauen-Gleichstellungsstelle soll von der Kürzung ausgespart bleiben. Die Kita-Gebühren sollen wie geplant erhöht werden. Ob der Grundbetrag für Niedrigverdiener von 41 auf 60 Mark gesetzt wird (würde 1,5 Mio im Jahr bringen), will die SPD-Fraktion später beraten.

Insgesamt hat die SPD-Fraktion aber die Spar-Auflagen des Senats für alle Ressorts akzeptiert, über die die Fachdeputationen seit einigen Wochen mit großen Mühen beraten.

In den nächsten Wochen wird sich herausstellen, ob die Gespräche der SPD-Fraktion mit den Gewerkschaften über den „Solidarpakt“ ein Ergebnis bringen. Dies blieb bekanntlich den ersten Anstößen des Rathauses versagt: IG Metall-Vize Jan Kahmann als Gast zu der SPD-Klausur nach Bad Salzuflen gefahren, und ÖTV-Chefin Gisela Hülsbergen, selbst in die SPD-Fraktion als „Seiteneinsteigerin“ eingebunden, formulierte den Beschlußvorschlag „Solidarpakt und Verwaltungsreformabkommen“. Nur ein Modell mit „angemessener sozialer Differenzierung“ beim Lohnverzicht sei „akzeptabel“, heißt es da.

Im Entwurf für den Doppelhaushalt 1996/7 ist die Lohnsumme einfach konstant gesetzt, 100 Millionen Mark würden sonst fehlen – „schier unmöglich“, findet das der SPD-Fraktionschef Weber , für die normalen Lohnerhöhungen auch noch irgendwo Geld einzusparen.

K.W.

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