: Schmutziges Waffenspiel
■ betr.: „UNO hebt Sanktionen gegen Belgrad auf“, taz vom 24. 11. 95
Einmal unabhängig von den vielen Ungereimtheiten im „Friedensabkommen“ von Dayton, aber nicht unabhängig von der Gefahr, daß erneut mehr oder weniger handfeste militärische Konflikte ausbrechen, das wahre Gesicht der westlichen „Staatengemeinschaft“ offenbart sich darin, daß der UN-Sicherheitsrat außer der erfreulichen Aussetzung der Wirtschaftssanktionen zugleich (lediglich bei Enthaltung Rußlands) beschlossen hat, das Waffenembargo gegen das frühere Jugoslawien aufzuheben.
[...] Gerade wenn es richtig ist (wie auch in den letzten Tagen in taz-Beiträgen analysiert), auf welch wackligen Füßen das „Friedensabkommen“ steht: Um so mehr müßte es eigentlich die „linken Interventionisten“ endlich hellhörig machen, daß hier bereits wieder ein schmutziges Spiel begonnen wird. Unverzichtbar hätte es geradezu für das Abkommen sein müssen, daß das Waffenembargo fortbesteht und daß es konsequenter überwacht und durchgesetzt würde. Aber da galt es halt andere, meist innenpolitische Faktoren zu berücksichtigen, zu denen nun mal ziemlich weit vorn auch die Rüstungsindustrie gehört.
Aber das Ganze hat noch seine ideologische Seite. So wie Bundeskanzler Kohl, wie das jüngste Beispiel seiner Chinareise zeigt, nicht in die „inneren Angelegenheiten“ eines anderen Staates eingreift, selbst dann nicht, wenn es um schlimmste Menschenrechtsverletzungen geht, so ist es für Militärs (und deren Vertreter waren zuhauf in Dayton dabei) undenkbar, daß man „souveränen Staaten“ Waffen vorenthält und damit ihre Kriegsfähigkeit minimiert. Und das gilt leider eben auch in einer so verfahrenen und nach wie vor kriegsträchtigen Situation, wie sie sich auf dem Balkan darstellt.
Wenn jetzt vermehrt neue Waffen in das ehemalige Jugoslawien gepumpt werden, dann wird sich der „Friedensvertrag“ tatsächlich nur als vorübergehender Scheinerfolg erweisen. So gesehen ist er und sind seine Modalitäten nur eine weitere Augenwischerei. [...] Klaus Vack, Sensbachtal
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