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Fischer grollt im Hintergrund

■ In der Bosnien-Debatte führt die Regierung die Opposition regelrecht vor

Bonn (taz) – Der Verteidigungsminister nutzte die Gunst der Stunde: „Kollege Fischer hat sich ja schon zurück gesetzt, was leider dem Stellenwert dessen entspricht, was er vertritt.“ Volker Rühe höhnte mit Blick auf den schweren Gang, der dem Fraktionschef auf dem Parteitag der Bündnisgrünen am Wochenende bevorsteht. In der gestrigen Bundestagsdebatte um das Friedensabkommen von Dayton und die Beteiligung der Bundeswehr in Bosnien hatte sich Joschka Fischer während Rühes Rede in die fünfte Sitzreihe zurückgezogen.

Im Parlament war die Belastung spürbar, die der bevorstehende Parteitag für die in der Einsatzfrage gespaltene grüne Bundestagsfraktion bedeutet. Der gewöhnlich attackenfreudige Fischer hielt sich mit Zwischenrufen auffällig zurück. Ohne einheitliche Haltung waren die Grünen in die erste Lesung gegangen. Die Koalitionsredner nutzten das Dilemma weidlich aus, um die Fraktion vorzuführen.

Rühes Bemerkung wurmte Fischer so sehr, daß er prompt auf seinen Platz in der ersten Reihe zurückkehrte. Dort hatte sich sein Kontrahent in der Grundsatzdebatte der Grünen, Ludger Volmer, breitgemacht.

Mit Volmer und Gerd Poppe schickten die Grünen zwei Exponenten der Flügel im fraktionsinternen Streit um den Bosnieneinsatz ans Pult. Sie enthielten sich dann der Stimme, um der Grundsatzentscheidung des Parteitags nicht vorzugreifen. Volmer begrüßte das Friedensabkommen von Dayton, lehnte entsprechend der Linie seines Antrags für Bremen die vorgeschlagene Bundeswehrbeteiligung für dessen Sicherung ab.

Der Grund: Nicht nur mit den deutschen Tornados werde die Grenze zum Kampfauftrag eindeutig überschritten. Auch verlange die Regierung einen „Vorratsbeschluß“, mit dem beliebig viele deutsche Truppen mit jedweder Bewaffnung in Marsch gesetzt werden könnten.

Volmer entwickelte ein Worst- case-Szenario, wonach möglicherweise die US-Truppen aus Jugoslawien in einem Jahr abziehen müßten, ohne daß ein „selbsttragender Friedensprozeß“ in Gang gekommen sei. Dann, so warnte Volmer unter dem Kopfschütteln von Volker Rühe, werde möglicherweise das Eurocorps mit deutscher Beteiligung die GIs ersetzen.

Zuvor hatte Gerd Poppe zwar nicht explizit die Regierungsvorlage begrüßt, aber einen robusten deutschen Blauhelmeinsatz befürwortet: „Die Implementation Force muß in der Lage sein, sich selbst zu verteidigen.“ Bei der Würdigung der Kräfte, die den Frieden möglich gemacht hätten, nannte Poppe auch die in Exjugoslawien stationierten Angehörigen der Bundeswehr.

Auch die Sozialdemokraten hatten eine schweren Stand, trotz angekündigter Zustimmung. Immer wieder hielt ihnen die Regierungsseite die Meinungsverschiedenheiten zwischen Fraktionschef Scharping und Parteichef Lafontaine vor.

Empörung bei Teilen der Bündnisgrünen löste der Verteidigungsminister mit der Feststellung aus, eine Verweigerung gegenüber der Umsetzung des Friedensabkommens sei „unmoralisch“. Auch eine Intervention von Christa Nickels, die sich vor die Friedensbewegung stellte, brachte ihn nicht zum Umdenken. Rühe: „Moral ist immer konkret. In dieser Situation wäre es unmoralisch, nicht zu helfen, den Frieden auch mit deutschen Soldaten durchzusetzen.“ Hans Monath

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