Mutterschutz zum Frohen Fest

■ „Kind, kommst du denn?“ Schluck. „Du., ich muß grad dringend weg, ähm...“ - „ Also , ja?!“

Draußen brütet die Hitze, dir läuft der Schweiß, du steckst mitten in den Vorbereitungen zum Sommerurlaub. Plötzlich klingelt das Telefon: „Kind, was machst du denn zu Weihnachten, kommst du zu mir?“

Der Anruf deiner Mutter verschlägt dir die Sprache. Dabei kennst du das, das ist jedes Jahr so. Etwa ab Juni mußt du damit rechnen, daß sie dich fragt, was du zu Weihnachten machst. Wieso also regst du dich auf? „Aber Mutti“, wendest du mit zurückgehaltener Wut in den Backentaschen ein, „es ist erst Juni.“ Kleine Pause, du weißt genau, was jetzt kommt: „Ja, aber ich muß doch planen.“

Wieso muß die Frau planen, fragst du stumm, während Muttern weiterspricht: „Ich muß doch wissen“, ertönt es aus der Leitung, „wer von euch Kindern kommt.“ Ich bin kein Kind, ruft deine innere Stimme zum Aufstand, weht jedoch ungehört an Muttern vorbei. Deine Laune verfinstert sich. Ruhig bleiben, nur die Ruhe bewahren!

Warum tut sie das, warum quält sie dich so, fragst du dich, während die alte Dame unbeirrt ihren Speiseplan fürs Heilige Fest durchschreitet. „Wenn du nicht kommst, dann mach ich Hirschgoulasch, und Manfred ißt doch auch so gerne Fisch. Aber wenn du kommst, was mach ich denn dann, du magst doch kein Fleisch?“

Dir wird ein wenig plümerant, denn, wie gesagt, es ist knalleheiß draußen, und die Vorstellung von warmem Essen treibt dir die Blässe ins Gesicht. „Du weißt doch, ein einfacher Salat reicht mir“, wendest du resigniert ein. Und schon bist du hereingefallen, denn jetzt hat sie dich erwischt: „Du kommst also? Wie schön! Ist ja auch das einzige Mal im Jahr, daß wir alle zusammen sein können.“

Zack, jetzt ist die Schlinge zu. Das Ganze kann sich jetzt nur noch im Kreis fortbewegen, das Gespräch beginnt nochmal von vorn. „Mutter, ich hab jetzt wirklich keine Zeit“, ziehst du die Notbremse. „Immer, wenn ich anrufe, hast du keine Zeit“, kontert sie mit der verbalen Ohrfeige. Jetzt also auch noch die beleidigte Tour. Bitte nicht! Gleich wird sie sagen: „Ich nehme euch doch so selten in Anspruch“. Das Saublöde daran ist, daß das sogar stimmt. Moralische Skrupel steigen dir den Nacken hoch, wohin sollst du dich bloß wenden?

„Mutsch, kann ich dich nicht zurückrufen, ich muß jetzt wirklich zum Termin?“ Das wirkt immer, sie weiß, daß sie eine vielbeschäftigte Tochter hat. Zumindest muß sie das denken. Ruft sie an, habe ich, das hat sie schon richtig erkannt, eigentlich immer einen Termin. Aus demselben Grund, wie ich manchmal schon im Sommer meine Weihnachtsferien verplane, getreu dem Motto: Wo schon was ist, kann nu wirklich nix mehr hin. Und wenn ich die Planung dann im letzten Moment umwerfe, um doch zu Muttern zu fahren, dann ist die Freude bei ihr schließlich umso größer. Nicht wahr? dah