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Prenzlauer Berg wird rot-grün

■ Bündnis will statt PDS-Kandidat Kleinert den SPD-Mann Kraetzer unterstützen. Acht Bezirke wählten Bürgermeister

In Prenzlauer Berg zeichnet sich die Wahl eines SPD-Bürgermeisters ab. Trotz weitgehender Übereinstimmung der Verhandlungsdelegationen von PDS und Bündnis Prenzlauer Berg in wesentlichen Punkten der Bezirkspolitik votierte die Vollversammlung des Bündnisses am Donnerstag abend für den neuen SPD-Kandidaten Reinhard Kraetzer. Kraetzer war am Mittwoch abend von der Kreisvollversammlung der SPD in Prenzlauer Berg anstelle des bisherigen Kandidaten Manfred Dennert überraschend für das Amt des Bürgermeisters nominiert worden. Das Bündnis wollte mehrere Kandidaten zulassen und möglichst keine formale Zählgemeinschaft eingehen.

Kraetzer amtiert seit 1990 in Prenzlauer Berg als Sozialstadtrat und gilt als SPD-Linker. Ihm wurden gute Chancen eingeräumt, bei der BVV-Sitzung am Freitag abend mit den Stimmen von SPD, Bündnis und CDU zum Bürgermeister gewählt zu werden.

Die Entscheidung des Bündnisses stieß intern auf heftige Kritik. Die PDS Prenzlauer Berg hatte zuvor in einem offenen Brief das Bündnis davor gewarnt, die in den Verhandlungskommissionen erreichten Übereinstimmungen „liebgewonnenen ideologischen Feindbildern zu opfern“.

Daß die PDS mit Burkhard Kleinert einen ehemaligen Oppositionellen als Bürgermeisterkandidaten nominiert habe, habe man nicht gefordert, hieß es aus den Reihen des Bündnisses. SPD-Kandidat Kraetzer war vor der Entscheidung des Bündnisses über seine Vorstellungen kommunaler Politik befragt worden. Als politische Ziele gab er an, Vertrauen in die Politik zurückzugewinnen und bei der nächsten Kommunalwahl eine höhere Wahlbeteiligung zu erreichen.

Die PDS hatte in ihrem offenen Brief dagegen ausdrücklich die „Anerkennung der außerparlamentarischen Arbeit“ gefordert und sich für „runde Tische“, das Rede- und Antragsrecht für Betroffenenvertretungen und Bürgerinitiativen ausgesprochen. Für die Wahl des PDS-Kandidaten Kleinert hatten sich auch der bündnisgrüne Fraktionssprecher im Abgeordnetenhaus, Wolfgang Wieland, und die Kandidatin des Bündnisses Prenzlauer Berg für das Amt der Baustadträtin, Dorothee Dubrau, ausgesprochen.

In acht Bezirken sind am Donnerstag abend Bezirksbürgermeister gewählt worden. In Lichtenberg wurde Wolfram Friedersdorff erster PDS-Bürgermeister. In Charlottenburg wurde Monika Wissel mit den Stimmen der Bündnisgrünen wiedergewählt. Die SPD-Politikerin tritt damit ihre dritte Amtszeit an. Auch in Tiergarten standen die Zeichen auf Rot-Grün. Hier wurde der bisherige grüne Stadtrat Jörn Jensen Bürgermeister. In Friedrichshain und Pankow wählten Zählgemeinschaften von SPD und CDU die SPD-Kandidaten Helios Mendiburu und Jörg Richter. In Steglitz, Zehlendorf, Neukölln und Spandau stellt wie erwartet die CDU den Bürgermeister.

In Mitte wurde am Donnerstag abend nur der Vorstand der künftigen BVV gewählt. Die Wahl des Bürgermeisters und der vier Stadträte in Mitte soll am 14. Dezember erfolgen. Die Kreisvollversammlung der SPD hat noch einmal ihren Kandidaten Gerhard Keil bestätigt. Ginge es nach der SPD-Basis, dürfte aber auch die PDS-Kandidatin Silvia Jastrembski nicht zur Bürgermeisterin gewählt werden. In Mitte halten es Beobachter für nicht ausgeschlossen, daß die SPD die PDS-Kandidatin wählt und Gerhard Keil seinerseits das Bauressort bekommt. Uwe Rada, Dorothee Winden

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