: Nur wissenschaftliche Beweise sind gefragt
■ Im Streitfall hat das letzte Wort die Welthandelsorganisation in Genf
Der Konflikt zwischen der Europäischen Union und den USA über den Import von Fleisch hormongezüchteter Rinder schwelt bereits seit vielen Jahren. Doch bislang haben die USA auf die Einreichung einer förmlichen Beschwerde bei der Welthandelsorganisation (WTO) in Genf verzichtet. Nach einer solchen Beschwerde würden zunächst für einen zeitlich begrenzten Zeitraum Konsultationen zwischen den beiden Streitparteien unter Vermittlung der WTO stattfinden. Führen diese Konsultationen nicht zu einer Einigung, kann das beschwerdeführende Land die Einberufung eines WTO-Schlichtungsausschusses beantragen. Der Entscheidung des Ausschusses müssen sich beide Streitparteien unterwerfen. Beim aktuellen Streit um hormongezüchtetes Rindfleisch wären die WTO-Bestimmungen über die Sauberkeit und gesundheitliche Unbedenklichkeit tierischer und pflanzlicher Produkte Grundlage für die Beratungen des Schlichtungsausschusses.
Diese Bestimmungen sind Teil der Agrarvereinbarungen innerhalb des Abkommens zur weltweiten Handelsliberalisierung, das Anfang 1994 im Rahmen des WTO-Vorläufers GATT (Allgemeines Zoll und Handelsabkommen) abgeschlossen wurde. Die Bestimmungen enthalten Reinheits-, Sauberkeits- und Gesundheitsstandards für die Herstellung und Lagerung tierischer und pflanzlicher Produkte, die für den Export bestimmt sind.
Die WTO-Bestimmungen entsprechen weitgehend dem von der Nahrungsmittel- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) in Rom aufgestellten „Codex Alimentarius“. Ein Land, das Importeinschränkungen mit dem Verstoß eines Exporteurs gegen diese Bestimmungen begründet, muß für diesen Verstoß allerdings handfeste wissenschaftliche Beweise vorlegen. Käme es in dem Hormonstreit auf Verlangen Washingtons zur Einrichtung eines WTO- Schlichtungsausschusses, müßte dieser – mangels eigener Expertise in der Sache – wissenschaftliche Gutachten anfordern. Bis zu einer Entscheidung würden möglicherweise mehrere Jahre vergehen.
Bislang ist vor der WTO nur ein ähnlicher Fall anhängig. Die USA und andere Staaten haben Beschwerde gegen Südkorea eingelegt, weil die Gesundheitsinspektionen des Landes für zum Export bestimmte Agrarprodukte unzureichend seien. Dieser Fall befindet sich derzeit noch in der Konsultationsphase. Andreas Zumach
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