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Afrika, ungeschminkt

■ Ab morgen im Kino 46: 5. Afrika-Filmtage/ Von Burkina Faso bis Zimbabwe

Bab El-Oued ist eine fundamentalistische Hochburg in Algier. Und ein Mikrokosmos der gesellschaftlichen Spannungen, die von dem Viertel Bab El-Oued auf die ganze Stadt, das ganze Land ausstrahlen. Wer 1993 in Bab El-Ouad einen Spielfilm drehen will, der nach den Ursachen für das Erstarken der Islamischen Heilsfront in Algerien fragt, muß starke Nerven haben. Und weitgehend im Geheimen drehen. „Bab El-Oued City“ des Algeriers Merzak Allouache ist so ein Film. Bis heute ist er in Algerien nicht zu sehen, beim Festival in Cannes 1994 wurde er in einer Sonderreihe prämiert und eröffnet jetzt die 5. Afrika-Filmtage im Kino 46.

Neun neuere Filme stehen auf dem Programm. Aus Produktionsländern, die in der Regel im weltweiten Kinobetrieb keine Rolle spielen: Guinea-Bissau, Zimbabwe, Senegal, Ghana, Burkina Faso. Daß die jetzt in Bremen gezeigten Produktionen in der Mehrzahl einen deutschen Verleih haben, ist alles andere als selbstverständlich. Ohne die finanziellen Mittel europäischen Produzenten sind in Afrika, Südafrika vielleicht ausgenommen, keine Filme zu drehen. Gesellschaftspolitische Themen bestimmen die Drehbücher. „Cheap Flesh“ (Ägypten 1994) beschäftigt sich mit dem Schicksal ägyptischer Frauen, die zur Heiratsvermittlung in arabische Länder verkauft werden. In „Rwendo“ (Zimbabwe/GB 1993) geht es um das Spannungsverhältnis zwischen einer schwarzen Frau, die einen todkranken weißen Mann pflegen muß – beide verbindet eine ungeklärte Vergangenheit. Der politisch korrekte Film „Sankofa“ (USA/BRD/Ghana/Burkina Faso) von Haile Gerima widmet sich dem Fort Elmina, dem Ort, zu dem einst Sklaven vor ihrer Deportation nach Amerika zusammengetrieben wurden. Sankofa heißt der Trommler, der Touristen auf den Spuren der Sklaverei ohne genügend Ehrfurcht, zurechtweist.

Weiterhin zu sehen: „Der Mann aus Asche“ (Tunesien 1986). Im Produktionsland lange verboten, kann der Film jetzt immerhin im Ausland aufgeführt werden. Unliebsames Thema ist das traumatische Jugenderlebnis Hachemis, der von einem Mann vergewaltigt wurde; die Erinnerung daran ist, kurz vor der Hochzeit mit der ihm vorbestimmten Frau, noch virulent. Der Regisseur Nouri Bouzid lernte, üblich bei afrikanischen Filmemachern, sein Handwerk an Filmhochschulen in Europa. In „Le Franc“ (Senegal 1994) schließlich muß der Lotteriegewinner Marigo feststellen, daß das siegreiche Los an seiner Haustür festklebt, und macht sich mitsamt der Tür auf in die Stadt.

Die gezeigten Filme stammen aus dem Fundus des Berliner Haus der Kulturen der Welt, vorgeschaltet ist ihnen der siebenminütige belgische Kurzfilm „Gbanga Tita“, in dem Lené, der „Erzähler“ eines Pygmäen-Stammes in Kamerun, beim melodiösen Singsang eines Märchensvortrags beobachtet wird.

Bis auf einen laufen alle Filme in der Originalversion mit Untertiteln. Karl-Heinz Schmidt vom Kino 46 ist zuversichtlich, daß die Vorstellungen gut besucht sein werden. „Je abseitiger das Programm, desto größer ist das Interesse seitens des Publikums.“

Alexander Musik

Eröffnungsvorstellung Mi, 20.30 Uhr, „Bab El-Oued City“ (Dauerkarte 30 Mark, 25 Mark ermäßigt).

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