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Expo 2000 in Hannover doch unerwünscht

■ Neues Bündnis gegen die geplante Weltausstellung in Hannover. Ökologische und sozialpolitische Versprechen nicht gehalten – dafür mehr Industriebeteiligung

Hannover (taz) – Expo absagen und nicht ertragen“, steht auf den T-Shirts und Aufklebern, mit dem das neue hannoversche „Bündnis gegen die Expo“ jetzt erneut gegen die im Jahr 2000 geplante Weltaustellung zu Felde zieht. Dreißig hannoversche Initiativen haben sich gegen die Expo und „für ein lebendiges Hannover“ zusammengeschlossen, vom Verband der Kinderläden über Studentenvertretungen und Dritte-Welt-Gruppen bis hin zu allen niedersächsischen Landesverbänden der Umweltorganisationen.

Doch während in Niedersachsen etwa BUND und Naturschutzbund die Expo weiterhin strikt ablehnen, scheinen die Bonner Spitzen der Umweltverbände inzwischen von ihrer bisher eindeutigen Anti-Expo-Haltung abzurücken. Jedenfalls bemüht sich die von der Bundesregierung bestellte Expo- Generalkommissarin Birgit Breuel derzeit intensiv um eine Beteiligung der Umweltorganisationen an der Ausstellung.

Bevor gestern in Hannover in dem Räumen des BUND-Landesverbandes das neue Bündnis gegen die Expo aus der Taufe gehoben wurde, hatte tags zuvor in Berlin gerade das erste Gespräch zwischen Breuel und dem Naturschutzbund, dem Klimabündnis, dem Forum Umwelt und Entwicklung, dem WWF, German Watch und Misereor stattgefunden.

Öko-Verbände denken über Expo nach

Auch der Bonner BUND hatte seinen Berliner Landesgeschäftsführer Stefan Bundscherer in die Runde entsandt, wenn auch nur als „unseren Beobachter“. Breuel bot den Verbänden eine gewisse Mitsprache bei der Bestellung der Themenführer an, die später einmal im Expo-Themenpark federführend Problemkomplexe präsentieren sollen. Die weitere Arbeit dieser Themenführer sollen die Verbände kritisch begleiten können. Dafür stellte die Bundesstiftung Umwelt eine Förderung in Aussicht. BUND-Vertreter Bundscherer fand gestern das Breuelsche Angebot „noch relativ dünn“. Er sehe bisher keinen Grund, warum die Anti-Expo-Haltung der Verbände sich ändern solle.

Ganz gewiß eine klaren Anti- Expo-Haltung vetreten weiterhin die Umweltverbände in Niedersachsen. Sobald die neue niedersächische Kommunalverfassung in Kraft getreten ist, will das Bündnis ein Bürgerbegehren gegegen die Weltaustellung organisieren. Zwar hatten die Hannoveraner bei einer Bürgerbefragung im Sommer 1992 schon einmal knapp mit 51,5 zu 48,5 Prozent für die Weltaustellung votiert. Doch inzwischen finden sich bei Umfragen Mehrheiten gegen das Großereignis. Schließlich gilt das Expo-Konzept, das 1992 den Bürgern zur Abstimmung vorgelegt wurde, längst nicht mehr. Der 1992 noch geplante Expo-Sonderwohnungsbau, um Mieterhöhungen in Grenzen zu halten, ist ersatzlos gestrichen. Bagger rund um Hannover ersetzten den Programmpunkt Verzicht auf Straßen. Und umsonst ist die Expo auch nicht mehr: Sie kostet die gebeutelte Kommune jährlich 25 Millionen Mark. Mit dem erhöhten Verkehrsaufkommen, dem Flächen- und Wasserverbrauch hatte die Umweltschützer schon immer gegen die Weltaustellung argumentiert. Auch politisch hat sich einiges verändert: Im Aufsichtsrat der Expo stellen die fünf Industrievertreter inzwischen die Hälfte der Sitze. Dabei ist der Automann Gerhard Schröder noch nicht mitgerechnet. Jürgen Voges

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