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Heiliger Bimbam

■ Laßt Gänsekeulen und Glühwein regnen auf die Gerechten und Ungerechten der Erde

Alle Jahre wieder! Jetzt feiert altbackene Konsumkritik ihre peinlichen Triumphe des augenzwinkernden Einverständnisses. Ich weiß Bescheid, du weißt Bescheid, und irgendwie ist alles so herrlich absurd zwischen Strohstern und Schnitzer-Getreidemühle, Loriot-Socken und dem beeindruckenden CD-Paket aus dem 2001-Versand mit versiegeltem Rückgaberecht.

Die Spendenbüchsen klappern allenthalben für die Hungerkünstler dieser Erde und gegen Aids. Für Kriegsopfer und ganz aktuell auch für das Opfer Kriegfertigkeit auf dem Altar rundum kompatibler Koalitionsfähigkeit mit der Gewissensfreiheit des aromafrischen Abgeordneten.

Der Kindermund, der unverschämte, reimt etwas vom Weihnachtsmann, der vor der Bescherung leert den Darm / drum wird es auf Erden gemütlich und warm. Wunderkerzen genießen endlich wieder außerhalb von Konzerten mit Coverversionen von Purple Rain den reputierlichen Status allgemeiner Akzeptanz, während StudentInnen und Langzeitarbeitslose an den Weihnachtsmann-Ähnlichkeitswettbewerben der City-Werberinge teilnehmen, um am Festtagsglanze mit zwölf Mark Stundenlohn teilzuhaben.

Währenddessen wartet der kinderlose Doppelverdienerinnen-Haushalt unweit des Osterdeiches mit milder Ungeduld auf die Auslieferung der Order aus dem ProFile-Versand mit dem klassischen Kapselheber von Thomason für 298 Mark und dem ebenso klassischen Korkenzieher aus dem Friaul, mit dem allein der Bordeaux aus dem geschmackvollen Weinhaus am Dobben angemessen zu öffnen ist. Bei dessen Genuß kann man sich einmal mehr der chirurgenstahlveredelten Gefühle zueinander versichern in einer Zeit, da man es ja nun wirklich nicht mehr verantworten kann, kleine Weihnachtsengel in diese Welt zu setzen.

Ganz und gar unsentimental ist die emotionale Balance am Heiligabend abgesichert durch das fünfgängige Xmas-Dinner, für das die Stammkneipe eigens einen Goldkochmützen-Maitre auf Heimaturlaub gechartert hat. Zum Julklapp immerhin kann man bei dieser Gelegenheit den Holz-Füllfederhalter aus der Freundschaftswerbung des Pandabär-Versands ökologisch sinnvoll verklappen, der ja nun wirklich nichts andres als peinlich ist.

Mit feuchten Augenblicken versinken derweil in Gesellschaft einiger rutenstarker Weihnachtsmänner aus dem Baltikum die nicht bei Muttern feiernden Aktivisten der örtlichen Schwulenszene im Darkroom. Frau unter sich spielt Malefiz oder Domino zu den Klängen von Carmina Burana und hofft auf Last-Minute-Angebote gen Gomera. Und im KÄ233zindergarten muß der zottelige Zivi ein ums andere Mal den willfährigen Nikolaus oder das rotnäsige Rentier machen und wird dafür bis zum Erbrechen mit Vollkornkeksen gefüttert.

In diese trauten Stunden und Tage hinein erreichen den literarischen Gewalttäter allerhand Anfragen, wie er denn nun das Fest der Feste zu begehen trachtet, und dann legt er los aus reiner Kindskopfseele. Singt „Stille Nacht“ und „Leise rieselt der Schnee“, läßt süß wie nie die Glocken klingen und vom Himmel her die gute neue Mär verkünden von einer Welt, da der Löwe beim Lamm liegt.

Das Lied vom Kind in der Krippe, dessen Aufenthalts-Status von von keiner Ausländerbehörde der Welt in Frage gestellt wird. Von den Hirten auf dem Felde bei Vechta oder Lauenbrück, die mit den Königen aus dem Morgenland bei Ananas und Haselhuhn das Abendmahl einnehmen. Da spielt die quieteschende Orgel der überfüllten Backsteinkirche immer wieder „Keine Macht für Niemand“ im Wechsel mit „O Tannenbaum“, und der Himmel selbst läßt Gänsekeulen und Glühwein regnen auf Gerechte und Ungerechte. Denn heute, da gibt Frau Gott persönlich einen aus.

Im Domino-Steinschlag der verlorenen Gefühle entdecken wir den fröhlichen Knaben im lockigen Haar und das pausbäckige Mädchen im Schleifenkleid auf Omas Schoß wieder, das wir alle einmal waren. Oder doch, auch wenn wir es leugnen,zumindest gewesen sein sollten.

Jetzt noch ein Kartoffelsalat mit Würstchen wie damals und die Scheibe Tofu all jenen, die danach verlangen. Ein Mensch-Ärger-Dich-Nicht-Spiel, bei dem alle gewinnen. Von mir aus auch Monopoly, aber ohne direkt ins Gefängnis zu müssen. Stattdessen gibt es die Ereigniskarte für Hausbesetzer. Anschließend ein Marzipanbrot von kariesfreier Gesinnung. Ein Wein wie vom Winzer zu Kanaan und ein Schnaps mit klarer Entschiedenheit:

Und wenn das alles Allen zuteil wird, schickt Thomas Münzer selbst vom Himmel seinen vielfarbigen Regenbogen, die TAZ erscheint als monatlicher Comic, und dann darf von mir aus Ulrich Nölle Bürgermeister von Sottrum werden.

Winnie The Poo aber tritt die legitime Nachfolge von Dr. Dieter Klink an, und in der guten Stube auf dem Marktplatz wünschen wir uns aus tiefstem Grund unseres Lebkuchenherzens ein frohes Fest. Wenn jetzt noch die Kelly-Family vorbeikäme und „Am Grunde der Moldau“ sänge, glatt würde ich Elisabeth Motschmann zum Tanze bitten. SusanniSusanniMakramee! Urdrü

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