piwik no script img

Lettlands Parteien lieber ohne Regierung

■ Kein Kabinett aus Links- und Rechtsextremen zustande gekommen

Seit dem unübersichtlichen Wahlergebnis vom 1. Oktober versuchen die Letten, sich eine Regierung zusammenzuzimmern. Am Donnerstag klappte es schon wieder nicht. Wie Maris Grinblats, der Ende November vergeblich versucht hatte, eine rechts-konservative Koalitionsregierung zusammenzustellen, holte sich jetzt auch sein erbittertster Rivale im Parlament eine Abfuhr. Für seinen merkwürdigen Block aus Ex- Kommunisten, Linksliberalen und der Partei des deutsch-lettischen Rechtspopulisten Joachim Siegerist erhielt Ziedonis Cervers von der Saimnieks-Partei nur 45 von 100 Stimmen. 50 Abgeordnete stimmten gegen die von Cervers beabsichtigte Koalition, fünf enthielten sich. Darunter auch Abgeordnete der Sozialistischen Partei, auf die Cervers meinte sich völlig verlassen zu können.

Wie es jetzt weitergehen soll, steht in den Sternen. Nach der Verfassung kann Staatspräsident Ulamanis nur noch einmal einen Politiker mit der Regierungsbildung beauftragen, bevor Neuwahlen erforderlich werden. Diese würden die Mehrheitsverhältnisse wohl nicht wesentlich ändern. Wahrscheinlicher ist es deshalb, daß die beiden Blöcke, die immerhin eint, daß sie beide schon einmal im Parlament scheiterten, ihre Karten neu mischen. Herausfliegen würden dabei die Extremen auf beiden Seiten, nämlich „Vaterland und Freiheit“ des Philosphielehrers Maris Grinblats (14 Mandate) und die Siegerist-Partei „Pro Lettland“ (15 Mandate).

Weil dies auch Joachim Siegerist, der Vorsitzende der „Deutschen Konservativen“ in Hamburg ahnt, schäumt er. Allerdings nur per Fax, denn „in corpore“ ist er in Riga seit Wochen nicht mehr gesehen worden. Laut Mitteilung seiner Partei erholt er sich in Deutschland von einem Unfall, den er auf der Suche nach Ferienplätzen für lettische Kinder in Süditalien erlitten haben will. In Riga läßt er verbreiten, daß er, hätte man ihn gleich mitregieren lassen, schon „10.000 gutbezahlte Arbeitsplätze geschaffen“ und „100.000 Weihnachtspäckchen für Notleidende“ aus Deutschland organisiert hätte. Eine mögliche Regierungsbildung ohne ihn sei deshalb ein „Verbrechen ohne Gleichen“ gegen das lettische Volk. Anita Kugler

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen