■ Mit der Macht im Internet auf du und du
: Bill Gates hinkt nach

Berlin (dpa/taz) – Der Beherrscher des Software-Marktes hat sich verkalkuliert. Aber Bill Gates wäre nicht der Mann mit der goldenen Nase für Vermarktung, wenn er nicht noch rechtzeitig das Steuer herumreißen würde. Am Donnerstag kündigte er am Firmensitz in Seattle an, daß seine Firma Microsoft künftig auch auf das konzernunabhängige Internet setzt. Bisher propagierte die Firma des reichsten Unternehmers der Welt den eigenen Online-Dienst Microsoft Network.

Network mit immerhin 600.000 BenutzerInnen wird nicht eingestampft, aber Gates mußte tief in die historische Mottenkiste greifen, um den Dreh als positiv zu verkaufen: Gates erinnerte an den Kommentar des japanischen Admirals Yamamoto nach dem Überraschungsangriff auf die US-Pazifikflotte bei Pearl Harbour: „Er fürchtete, sie hätten mit dem Überfall einen schlafenden Riesen geweckt.“ Der Riese Microsoft will nun mit seinem globalen Marketing Programme an die Millionen verkaufen, die sich jährlich neu über das Internet an das globale Dorf anstöpseln. Dabei greift er sogar auf Software von Mitbewerbern zurück, die er früher nicht mit der Kneifzange angefaßt hätte – wie die Programmiersprache Java von Sun Microsystems.

Gates hofft nun, daß er wie früher schon bei Textverarbeitungs- und Tabellensoftware etablierte kleinere Unernehmen einfach aus dem Markt drängen kann. Die Börse in New York sieht seine Pläne als realistisch an. Die Internet- Konkurrenz Netscape war bisher eine einmalige Kursrakete, weil sie 75 Prozent aller UserInnen im graphischen Teil des Internet, dem World Wide Web, mit Programmen versorgt. Die Netscape-Kurse fielen am Tag nach dem Kurswechsel von Gates um 18 Prozent. rem