: „BND-Chef Porzner wird gehen“
■ Manfred Such, bündnisgrünes Mitglied im Untersuchungsausschuß, über die Vernehmung des Zeugen „Rafa“
taz: Sie sind Kriminalbeamter. Ist der Zeuge Rafa glaubwürdig für Sie?
Manfred Such: Mein Eindruck ist: ja. Seine Schilderungen sind einfach logisch, das hat bisher noch niemand so dargestellt. Die anderen Zeugen, die wir hatten, waren viel fadenscheiniger. Rafa war offensichtlich ein überzeugter Agent, der sich nun durch seine Auftraggeber übers Ohr gehauen fühlt. Deshalb hat er nichts zu verbergen.
Sehen Sie denn jetzt in dem Fall klarer?
Und ob. Der BND hat im Verein mit seiner Residentur in Madrid diesen Plutonium-Deal nach Mustern von Rauschgift-Deals mit Polizeibeteiligung eingefädelt. Man begibt sich in die entsprechenden Milieus, lockt an, erkundet, was geliefert werden kann, und wenn man genug Geld in Aussicht stellt, sind diese Kreise bestrebt, das auch zu besorgen. Weil man hier den politischen Erfolg wollte, vor den Wahlen in Deutschland, hat man dafür gesorgt, daß das Zeug auch hierherkommt. Das Problem: Bei solchen Stoffen ist die Gefährdung natürlich ungleich größer als durch Rauschgift. Es gefährdet Menschen, und das ist ein Skandal.
Wen trifft dann nach Ihrer Meinung die Schuld für den Plutonium-Skandal?
Die eigentlichen Hintermänner dieses Deals sind die politisch Verantwortlichen für diesen Dienst, die innerhalb des Dienstes eine Stimmung erzeugen, die die Mitarbeiter ungeheuer motiviert, so einen Erfolg überhaupt herauszukitzeln. Das ist auch eine Form von organisiertem Verbrechen.
Gibt es denn für Sie noch Zweifel, daß der Plutonium-Import von Moskau nach München ein vom BND eingefädeltes Geschäft war?
Nein, gibt es nicht. „Rafa“ war schließlich V-Mann im Dienst des Bundesnachrichtendiensts, so was kann nicht aus dem Ruder laufen, vor allem, wenn sein V-Mann-Führer sogar dabeisteht, wie Adrian, der sich diesem Ausschuß verweigert. Schon weil Rafa kein Deutsch spricht, hat er in Deutschland nie allein verhandelt. Sein „Dolmetscher“ Adrian weiß da sicherlich sehr viel.
Wird man versuchen, den Zeugen Rafa unglaubwürdig zu machen?
Das hat der BND offensichtlich längst versucht, ihn im Vorfeld unglaubwürdig darzustellen – als korrupten südamerikanischen Streifenpolizisten. Skandalös ist aber auch, wie der Untersuchungsausschußvorsitzende Friedrich von der CSU ihn behandelt. Er stellt seine Fragen so umständlich, daß man sie kaum klar beantworten kann und belehrt Rafa in einer Weise, wie es bei der Polizei üblich ist, wenn man keine Aussage haben will. Nach dem Motto, sie wollen doch hier nicht aussagen. Das hat er gestern deutlich versucht und sein Kollege Schlee auch.
Ich glaube, die Ausschußmehrheit der Union hat jetzt Schwierigkeiten bekommen bezüglich ihres weiteren Vorgehens. Denn es liegt jetzt wirklich auf der Hand, daß diese Sache in Zusammenarbeit von BND und Verantwortlichen in einem Ministerium gehändelt worden ist.
Diese langwierige Ausschußarbeit macht also bisweilen doch einen Sinn?
Und ob, wie man sieht. Hier kann man reichlich über die Machenschaften von Geheimdiensten lernen und wie weit die Verquickung geht.
Sicher werden am Ende keine Ministerrücktritte stehen, aber man wird gewiß andere Möglichkeiten suchen, um Mitverantwortliche auf andere Positionen zu schieben oder in den Ruhestand zu versetzen. So, daß die Absetzung niemand merkt.
Wird der BND-Chef Porzner eventuell ein solches Bauernopfer des Münchner Plutonium-Skandals werden?
Ich denke, daß er gehen wird, da wird man sicherlich eine elegante Lösung finden. Einfallsreich ist ja sein Dienst. Interview: Holger Kulick, Bonn
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