: Heißer Tip
■ betr.: „Nur nützliche Idioten La fontaines?“, taz vom 2./3. 12. 95
Joachim Raschke hat den Grünen mit dem Hinweis auf „gezielte Interessenberücksichtigung“ einen heißen Tip gegeben. Und das in einer Zeit, in der unpopuläre Maßnahmen die populärsten sind, weil sich die meisten Untertanen pardon: Bürger als Anwälte des Staates aufspielen und keine eigenen, im Gegensatz stehenden Interessen kennen wollen.
Der Witz der Grünen ist aber ein anderer. Sie sind Anwälte der Menschheit. Sie kennen keine Interessen. Wollen deshalb zum Beispiel eine Ökosteuer. Das hat zur Folge, daß das Autofahren zunehmend zu einem Privileg der besitzenden Klassen wird. Haben auch keine Einwände gegen Abgaben, die mit Solidarität und Pflege begründet werden. Interessenvertreter der Arbeiterklasse sind die Grünen also nicht.
Im Fall Jugoslawien hören sie jetzt nur noch das Wort Frieden. Kein Wort über dessen imperialistischen Charakter, kein Wort über die nationalistischen Blödheiten vor Ort, mit denen sich die imperialistischen Staaten auch militärisch auf den Plan rufen ließen. Aber am deutschen Wesen muß die Welt genesen! Dieser Humanismus drückt sich am besten mit Streitkräften aus (wie matt würden sich caritative Organisationen ausmachen!). So sind die Grünen Interessenvertreter Deutschlands, also durch und durch Schwarz- Rot-Gold.
Und in ihrer Einbildung laufen die Grünen als konsequente Verleugnung gegensätzlicher Interessen herum: Genau das ist das Niveau, das ein Wurmfortsatz der deutschen Sozialdemokratie braucht! Wolfgang Richter, Augsburg
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