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„Der Kunde muß selbst entscheiden können“

■ Interview mit Hans Hege, Direktor der Medienanstalt Berlin-Brandenburg, zum Verbraucherschutz

taz: Bisher haben die Medienanstalten nur wenige Fernsehanbieter kontrolliert. Können Sie den Zuschauern im künftigen Dschungel der Pay-Kanäle helfen?

Hans Hege: Die Orientierung wird Aufgabe der Unternehmen sein. Wir haben darauf zu achten, daß sie den Zuschauer nicht in ihre jeweils eigene Fernsehwelt einsperren. Denn große Pay-TV-Anbieter wollen dem Zuschauer zwar vielfältige Programme verkaufen, ihn aber in der Welt der eigenen Programme halten.

Kontrolliert werden müßte dann also nicht mehr der Marktanteil, sondern Monopolstrukturen beim Zugang müssen verhindert werden.

Ja, es geht dann nicht mehr um die Zahl der Programme, sondern um den offenen Zugang. Der Nutzer muß am sogenannten elektronischen Kiosk das gesamte Angebot bekommen – nicht nur das von Kirch oder Bertelsmann.

In Europa spitzt sich alles auf einen Zweikampf dieser beiden und ihrer Verbündeten zu ...

Die Vertriebsstrukturen müssen auch kleinen Unternehmen eine Chance geben – so wie wir das mit unserem ausgeklügelten System bei Büchern, Zeitungen und Zeitschriften haben. Denn häufig sind es ja die Kleinen, die besonders kreativ mit neuen Angeboten sind. Schlimm wäre es, wenn sich das, was auf der technischen Ebene vermieden wurde – eine Trennung in eine Kirch- und eine Bertelsmannwelt – jetzt auf der Programmebene auf uns zukäme.

Wie muß denn das Abrechnungssystem beim Pay-TV gestaltet werden, um einen für alle offenen Kiosk zu schaffen?

Der Kunde muß selbst entscheiden können, bei wem er abonniert: ob bei Kirch, Bertelsmann oder bei einem dritten, unabhängigen Unternehmen, zum Beispiel den Kabelnetzbetreibern Telekom oder Vebacom, die ihm die Programme aller Veranstalter anbieten.

Je mehr einzelne Sendungen gegen Gebühr abgerufen werden, um so mehr wissen die Firmen über Gewohnheiten und Konsumverhalten der Zuschauer. Das gibt neue Probleme beim Datenschutz.

Es muß klar sein: Daten werden nur so lange gespeichert, wie sie für die Abrechnung erforderlich sind. Niemand darf Nutzerprofile erstellen, aus denen man dann das Medienverhalten ablesen kann.

Bei den amerikanischen Online-Diensten sieht es aber auch heute schon so aus, daß die Nutzer gerne unterschreiben, daß man ihre Daten auswerten darf, damit sie anschließend besser nach ihren Interessen mit neuen Angeboten bedient werden können.

Die Einwilligung ist zwar ein Rechtfertigungsgrund. Aber wenn der Nutzer einem mächtigen Unternehmen gegenübersteht, muß man ihn auch vor sich selber schützen. Damit er nicht bereitwillig Daten hergibt, von denen er nicht weiß, was hinterher mit ihnen geschieht. Technisch ist es natürlich möglich, dem Zuschauer immer nur das als nächstes anzubieten, was er ohnehin schon sieht. Zum Beispiel kann die Settop-Box speichern, daß jemand besonders oft die Sportsendungen eines bestimmten Senders sieht. Die Box kann dann so programmiert werden, daß dem Kunden immer wieder zuerst dieser Sender angeboten wird. Das ist nicht unproblematisch. Der Zuschauer soll ja auch, so wie heute durch das Zappen beim Fernsehen und das Surfen im Internet, zu neuen Sachen kommen. Wer immer nur das sieht, was er schon kennt, ist ja arm dran.

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