: Ein Millionenloch als Haases Erbe
■ Parkraumbewirtschaftung bringt statt 30 nur 4,5 Millionen Mark in die Kasse
Die Verkehrsverwaltung kann besser Autos zählen als Haushaltsposten planen. Das jedenfalls ergibt sich aus einem Bericht zu den Einnahmen aus dem „Parkraumbewirtschaftungskonzept“ in der Innenstadt: Nur 4,5 Millionen Mark wird das Land Berlin demnach in diesem Jahr durch die Parkscheinautomaten verdienen – eingeplant waren dafür allerdings Einnahmen von 30 Millionen. Als Erklärung für dieses Finanzloch verweist Karl Hennig, Leitungsreferent bei der Verkehrsverwaltung, auf die vielen Schwarzparker und die „fehlenden Vergleichswerte“ bei der Prognose. 1996 sind außerdem Einnahmen von 38 Millionen Mark veranschlagt. „Da müssen wir sicher realistischer sein“, meint Hennig.
Als „Flop für die Landeskasse“ bezeichnete die bündnisgrüne Finanzexpertin Michaele Schreyer den Bericht von Ex-Verkehrssenator Herwig Haase (CDU). „Der Haushaltsansatz von 38 Millionen für das nächste Jahr ist damit Makulatur“, meint sie. Der Bericht weist aus, daß das Land Berlin durch die Parkraumbewirtschaftung in Spandau, der City West und der Stadtmitte, die bis März 1997 als Pilotversuch läuft, von März bis Juli insgesamt 8,4 Millionen Mark eingenommen hat. Durch die Verträge mit den Betreiberfirmen, die monatlich 1,3 Millionen Mark für Aufstellung und Überwachung der Parkschein- Automaten bekommen, flossen davon 6,6 Millionen ab. Weitere 1,3 Millionen Mark wurden für Verkehrszeichen, Öffentlichkeitsarbeit etc. ausgegeben.
Unter dem Strich bleiben nach den Anfangsinvestitionen lediglich 463.000 Mark, die netto in die leeren Berliner Kassen geflossen sind. Bis zum Jahresende erwartet die Verkehrsverwaltung einen Gewinn von 4,5 Millionen. Einen deutlichen Überschuß der Einnahmen sagt der Bericht nur bei den Anwohnerparkausweisen voraus: Statt der erwarteten 1 Million sollen 6 Millionen eingenommen werden. An Bußgeld aus den überwachten Straßen nahm das Land Berlin im gleichen Zeitraum 3,3 Millionen Mark ein.
„Wir konnten uns nicht auf andere Erfahrungen stützen und waren sehr auf Prognosen angewiesen“, entschuldigt Karl Hennig den Rechenfehler. Außerdem seien mehr Anwohner- und Ausnahmegenehmigungen als gedacht erteilt worden. Schließlich drückten sich viele Schwarzparker um die Bezahlung, doch die Bußgelder dafür landeten bei der Polizei. Überhaupt aber sei die ausschließlich finanzielle Betrachtungsweise verkehrt: „Die Bewirtschaftung ist eine verkehrspolitische, keine finanzpolitische Maßnahme.“
Michael Cramer, verkehrspolitischer Sprecher der Bündnisgrünen, fordert dagegen, die Parkgebühren anzuheben und die Bewirtschaftung auf die gesamte Innenstadt auszudehnen. Mit den so möglichen Einnahmen von 200 Millionen Mark im Jahr sollte die Infrastruktur der BVG durch günstigere Anschlüsse und Taktzeiten verbessert werden. Bernhard Pötter
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