Drohung von oben

■ Bürgermeister durchstöbert Unterschriftslisten nach Mitarbeitern

Oberstdorf (taz) – Allzu aufmüpfige Bürger mag der Oberstdorfer Bürgermeister Eduard Geyer nicht. Vor allem mag er es nicht, wenn solche Bürger auch noch in der Verwaltung seiner Marktgemeinde arbeiten. Kaum hatte der Gemeinderat dieser Tage das erste Bürgerbegehren in der Geschichte des Ortes abgeschmettert, weil es angeblich gegen Bundesrecht verstoße, wurde der Gemeindechef aktiv. Denn auf den Unterschriftenlisten für den Erhalt einer alten Villa, die dem Neubauprojekt eines Großverlags weichen soll, hatten auch zahlreiche Gemeindemitarbeiter unterschrieben. Diesen schrieb Ed Geyer, wie er sich selbst gerne nennt, einen geharnischten Brief, in dem er sie auffordert, „sich zukünftig im eigenen Interesse bei ähnlichen Fällen vorab in der Hauptverwaltung zu informieren, um schlicht und einfach die Sicherheit zu haben, mit der eigenen Unterschrift unter einem Bürgerbegehren nicht in eine völlig falsche Richtung zu laufen beziehungsweise sich für eine populistisch ausgerichtete Sache benutzen zu lassen“.

Der bayerische Datenschutzbeauftragte Reinhard Vetter hat nun ausdrücklich dieses Vorgehen gerügt. Eine derartige Formulierung seitens des Bürgermeisters könne „durchaus als Drohung“ verstanden werden. Abgesehen davon könne das verfassungsmäßig garantierte Recht der Gemeindebediensteten, ungehindert ihr Wahlrecht auszuüben, so eingeschränkt werden.

Der Brief verstoße eindeutig gegen Artikel 31 des bayerischen Datenschutzgesetzes. Es gehe weder die Gemeinde noch den ersten Bürgermeister etwas an, ob der Unterstützer eines Bürgerbegehrens Bediensteter der Gemeinde sei oder nicht, erklärte Vetter.

Der Datenschutzbeauftragte hält den Vorgang für grundsätzlich bedeutend und hat daher auch das bayerische Innenministerium, die Regierung von Schwaben und das zuständige Landratsamt Oberallgäu über seine Entscheidung informiert. Klaus Wittmann