: Wo gehobelt wird...
■ betr.: „Zurück zur Sache!“ (Die grüne Bosnien-Debatte droht zu verkommen), taz vom 28. 11. 95 u.a.
Werter Kamerad Monath,
verfolge mit heißem Herzen und großer Sympathie Ihre Bemühung, der Deutschen Wehrmacht den Weg zum Balkan zu ebnen. Verstehe aber nicht, warum Sie meinen die sogenannte Partei Bündnis 90/Grüne auffordern zu müssen, auf einem Parteitag zuzustimmen, wenn unsere jungen Kämpfer unter Slawen und Islamiten für Ordnung sorgen wollen. Solch eine Zustimmung ist belanglos. Interessant wäre höchstens, die Zustimmung zu einem Kampfeinsatz unserer Wehrmacht, von so aufrechten Deutschen wie Sager/Fischer zu bekommen. Vermute aber, daß die vorgenannten sowieso zur SPD wechseln, die ja gerade noch zu ihren nationalen Wurzeln der Noske- und Kriegskredite-Zeit zurückgefunden hat.
Finde sehr gut, daß Sie unter anderem darauf hinweisen, daß natürlich da Späne fallen, wo gehobelt wird. Sie schreiben verschlüsselt von einer Gefahr der Eskalation mit deutscher Beteiligung, die auch für die Soldaten Dutzender anderer Länder gilt. Kamerad Rühe hat sich da dankenswerterweise deutlicher ausgedrückt, wenn er neulich im Fernsehen darauf aufmerkam gemacht hat, daß unsere Soldaten auch mit dem Opfertod rechnen müssen, wenn sie auf dem Balkan zum Einsatz kommen.
Werter Kamerad Monath, hoffe sehr, daß Sie nicht zu den potentiellen Opfertoten gehören. Wir brauchen an der Heimatfront Leute wie Sie, um Deutschlands Erstarken auf militärischem Gebiet publizistisch zu begleiten. Hätte gern selber die Knarre in die Hand genommen, bin aber leider schon im Volkssturmalter. Aber, daß solche Zeiten jemals wieder nach Deutschland zurückkommen, soll ja gerade durch die Verteidigung deutscher Interessen außerhalb unserer Landesgrenzen verhindert werden, wie man aus dem Ministerium für unsere Wehrmacht hört. Stehe voll dazu.
Kamerad Monath, lassen Sie sich auf Ihrem journalistischen Weg nicht beirren – heute hören Sie die taz-Leser, morgen die FAZ- Leser und übermorgen hört Sie und unsere Wehrmacht die ganze Welt. [...] Werner Doerwald, Hamburg
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