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„Jetzt wird noch einmal gekämpft“

■ Die linksliberale Ex-Landesvorsitzende Carola von Braun (53) zur Zukunft der FDP. Es droht die Spaltung

taz: Frau von Braun, ist der rechte Flügel der Berliner FDP durch den Rücktritt der Bundesjustizministerin Leutheusser- Schnarrenberger nun im Aufwind?

Carola von Braun: Daß sich 63 Prozent in der Mitgliederbefragung für den Großen Lauschangriff ausgesprochen haben, hat innerhalb der FDP ein Erdbeben ausgelöst. Auch wenn in einzelnen Landesverbänden die Mehrheiten noch anders aussehen mögen, zeigt das Ergebnis, daß wir uns lange Zeit etwas vorgemacht haben.

Also ein Ruck nach rechts?

Sicherlich. Die Ideen des Reformliberalismus haben inzwischen so viel an Boden verloren, daß eine große Tradition wie etwa das Prinzip, der Staat sollte sich auf dem Gebiet der Inneren Sicherheit zurückhalten, verlorengegangen ist.

werden Sie die Partei verlassen?

Viele von uns haben sich diese Frage gestellt. Manches Mitglied wird in den nächsten Tagen und Wochen auch nicht mehr zu halten sein. Ich selbst habe mir einen anderen Zeitrahmen gesetzt. Wenn die Bundesspitze jetzt nicht begreift, daß es darum geht, das Gedankengut des Reformliberalismus zu wahren, auch durch die Wahl bestimmter Personen, dann gebe ich dieser Partei keine Chance mehr. Vielleicht müssen wir uns am Ende darauf einstellen, daß Liberalismus und FDP nicht mehr deckungsgleich sind.

Glauben Sie, daß der linksliberale Flügel auf dem kommenden Sonderparteitag der Berliner FDP im Januar noch eine Chance hat? Immerhin versucht die Gruppe um den ehemaligen Generalbundesanwalt Alexander von Stahl und den Historiker Rainer Zitelmann vehement, die FDP auf nationalliberalen Kurs einzuschwenken.

Noch sind wir stärker. Viele meiner Freunde sind aber nach der Entscheidung von Donnerstag kaum noch zurückzuhalten, ihr Parteibuch abzugeben. Eins ist sicher: Jetzt wird noch einmal gekämpft. Es kann, ja darf nicht sein, daß zum Dank für alle Unterwanderungsversuche diese Herren um Zitelmann im Januar in den Landesvorstand gewählt werden. Da gibt es von meiner Seite aus eine ganz klare Kampfansage: Der nächste Landesvorstand muß lupenrein den Reformerflügel repräsentieren.

Nun wird, auch vom rechten Flügel, Jürgen Starnick als Nachfolger von Günter Rexrodt auf dem Posten des Landesvorsitzenden ins Spiel gebracht. Ist Jürgen Starnick für Sie ein tragfähiger Kandidat?

Er muß schnell klarstellen, daß er sich nicht von diesen Leuten abhängig machen wird. Anderenfalls riskiert er die Spaltung der FDP. Interview: Severin Weiland

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