piwik no script img

Bürgerberatung macht den Euro-Bürger fit

■ Euro-Währung soll für die Bevölkerung „akzeptabel“ gemacht werden. Gerhard Schröder warnt erneut vor „sozialer Destabilisierung“ in den EU-Mitgliedstaaten

Frankfurt (AP/rtr) – Der am Freitag festgelegte Zeitplan für die europäische Währungsunion stößt bei Politikern mehrerer Parteien auf Skepsis. Niedersachsens Ministerpräsident Gerhard Schröder (SPD) erneuerte am Wochenende seine Kritik und erklärte, ein verschärfter Sparkurs in den EU-Staaten zur Erfüllung der Kriterien für die EU-Währung sei konjunkturpolitisch „überhaupt nicht zu verantworten“. Gegenüber dem Nachrichtenmagazin Focus warnte er, der Schaden durch die „soziale Destabilisierung in den Mitgliedstaaten“ werde den „weiteren Weg zur politischen Union erheblich belasten oder verbauen“. Deshalb müsse der Zeitplan neu formuliert werden. Nur mit einer breiten öffentlichen Diskussion könne „das Zutrauen der Bevölkerung wachsen und eine stabile Währungsunion entstehen“, sagte Schröder.

Der bayerische Finanzminister Erwin Huber (CSU) erklärte, wann der „Euro“ das Licht der Welt erblicke, stehe noch nicht fest. Der FDP-Politiker Joachim Schultz-Tornau schlug eine Volksabstimmung vor. Nach dem in Madrid beschlossenen Fahrplan soll der Euro am 1. Januar 2002 nach einer dreijährigen Übergangsphase die Mark und andere europäische Währungen als gesetzliches Zahlungsmittel ablösen.

Dagegen sagte Bundespräsident Roman Herzog dem Spiegel: „Im Augenblick sehe ich keinen Grund, am Datum 1. Januar 1999 für die Währungsunion zu verzweifeln.“ Er räumte ein, daß das Marschtempo der Europapolitiker viele Bürger strapaziere. Aber „nur weil etwas problematisch ist, können wir doch nicht sagen: Also machen wir's gar nicht“. Der Bundesverband deutscher Banken rechnet damit, daß der Stichtag 1. Januar 1999 für die Umstellung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs eingehalten wird. Zum noch offenen Namen der Münzen erklärte der Hauptgeschäftsführer des Verbands, Manfred Weber, im Saarländischen Rundfunk: „Hier werden sich Lösungen finden lassen. Der eine oder andere hat zum Beispiel den Begriff Cent in die Diskussion gebracht.“ Um die Akzeptanz in der Bevölkerung zu fördern, sei auch gegen eine nationale Prägung auf einer Seite der neuen Scheine und Münzen nichts einzuwenden. Die Bundesregierung will die Einführung des „Euro“ mit einer mehrjährigen Informationskampagne unterstützen. Der Leiter des Europareferats im Presse- und Informationsamt der Bundesregierung erklärte, die europäische Währung solle für die Mehrheit der Bevölkerung „akzeptabel“ gemacht werden. Die Kampagne mit Anzeigen und Bürgergesprächen soll im Februar 1996 gestartet werden. Seiten 7 und 10

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen