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Künstlerkolonie mißtraut der Veba

■ MieterInnen der Künstlerkolonie in Wilmersdorf gründen Genossenschaft, um ihre Wohnungen zu kaufen. Zusicherungen der Veba seien "hohle Versprechungen". Senat soll Verkauf rückgängig machen

Die Künstlerkolonie in Wilmersdorf soll statt des geplanten Verkaufs an die Veba Immobiliengesellschaft einer Genossenschaft der BewohnerInnen angeboten werden. Das jedenfalls fordert die „Wohnungsgenossenschaft Künstlerkolonie“, die sich in der Gründung befindet. Die umstrittene Veräußerung der Wohnungen solle politisch rückgängig gemacht werden, forderte gestern der Sprecher der neugegründeten Genossenschaft, Holger Münzer. Damit soll nachgeholt werden, was eigentlich vor dem Verkauf hätte geschehen müssen: Den Mietern die Chance zu geben, ihre eigenen Wohnungen zu erwerben.

In einem Brief der Genossenschaft an den Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) und die vormalige Eigentümerin der Künstlerkolonie, die Wohnungsbaugesellschaft Gehag, heißt es lapidar: „Wir teilen Ihnen hiermit mit, daß wir unser Vorkaufsrecht wahrnehmen.“ Die Genossenschaft erinnerte den Senat an seinen eigenen Beschluß vom Juni 1994 und an einen Beschluß des Abgeordnetenhauses vom November 1995, in denen das Vorkaufsrecht der MieterInnen gefordert worden war. „Wir sind gespannt, ob der Senat sein Wort hält“, meinte Münzer. Die SPD forderte er auf, in den Koalitionsvereinbarungen mit der CDU über die Mieterrechte zu verhandeln.

59 Millionen Mark, den gleichen Preis wie die Veba, will die Genossenschaft für die etwa 1.200 Wohnungen der Kolonie zahlen. „Wir haben bereits eine große Bank gefunden, die uns dieses Projekt finanzieren will“, meinte Münzer. Durch den geringen Kaufpreis von 1.300 Mark pro Quadratmeter („die Veba hat ein Schnäppchen gemacht“) und eine Streckung der Finanzierung auf 30 Jahre sei es möglich, mit sehr geringem Eigenkapital auszukommen. Der vorgesehene Mindestanteil der Genossenschaftseinlage liegt bei 500 Mark, Fördermitglieder unter „gutbetuchten Schauspielern“ sollen der Genossenschaft zusätzlich helfen.

Das Mißtrauen der BewohnerInnen gegenüber der Veba ist groß. Die Zusicherung der Immobiliengesellschaft, die Wohnungen in den nächsten zehn Jahren nicht zu verkaufen, keinen Eigenbedarf geltend zu machen und den Mitgliedern der „Genossenschaft Deutscher Bühnenangehöriger“ (GDBA) Belegungs- und Vorkaufsrechte einzuräumen, sind für die Genossenschaft nur „hohle Versprechungen“. Von den Zusicherungen würden die knapp tausend MieterInnen ausgeschlossen, die keine GDBA-Mitglieder seien. Außerdem sei die GDBA nach ihrer Satzung gar nicht berechtigt, solche Vereinbarungen zu treffen. Bernhard Pötter

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