: Senat soll Deutschlandhaus kaufen
■ Der CDU-Fraktionsvorsitzende Landowsky regt an, FU-Institute in Dahlem in das SFB-Gebäude umzuquartieren. Filmakademie und Kinemathek sollen als Mieter bleiben. SFB spricht von Spekulationen
Klaus-Rüdiger Landowsky (CDU) hat es mal wieder geschafft, sich aus dem Nichts heraus in den Mittelpunkt zu stellen. Am Montag abend auf der Rundfunkratssitzung des SFB sorgten weniger die 20 Schüler der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (DFFB) mit ihrem Protestplakat („Filmstadt statt Leerstand“) für eine Überraschung. Das tat vielmehr der CDU-Fraktionsvorsitzende mit seinem Vorschlag, der Senat solle das Deutschlandhaus kaufen. Dann könnten DFFB sowie Kinemathek bis zu ihrem Umzug 1999 oder 2000 an den Potsdamer Platz weiterhin Mieter bleiben. Neu hinzukommen sollen mehrere Institute der Freien Universität (FU): Landwosky denkt dabei an die bislang in Dahlemer Villen residierenden Theater- und Musikwissenschaftler oder die Ethnologen.
Er kündigte an, das Thema in die Koalitonsverhandlungen einzubringen. „Das ist doch populistisches Gerede, dem jeder Hintergrund fehlt“, sagte die bündnisgrüne Rundfunkrätin Alice Ströver. Am Rande der Sitzung sprach Landowsky auch davon, daß bereits Gespräche zwischen Senatsverwaltung und FU stattgefunden hätten. Nur konnte das gestern niemand bestätigen. Im Gegenteil. Die FU dementierte, daß „es Gespräche zwischen dem FU-Präsidenten und der Senatsverwaltung gegeben hat“. Auch beim Senator für Wissenschaft wußte man von nichts. Landowsky selbst war gestern nicht zu erreichen.
Der SFB hält nach wie vor an seinen Absichten fest: Nach abgeschlossener Asbestsanierung seiner Zentrale verläßt der Sender das Deutschlandhaus bis Mitte 1996. Mit ihm müssen dann die Deutsche Film- und Fernsehakademie und die Stiftung Deutsche Kinemathek gehen. Grund: Das Haus soll verkauft werden, und man befinde sich in „ernsthaften Verhandlungen mit mehreren Interessenten“, so SFB-Verwaltungsdirektor Dirk-Jens Rennefeld.
Beim SFB war man über Landowskys Vorstoß überrascht und verwies auf des Kaufangebot an den Senat vom 17. Mai, das jedoch unerwidert geblieben sei. Dieses Angebot richtete sich allerdings nur an den Kultursenator. „Das war für uns völlig unseriös“, sagte Staatssekretär Winfried Sühlo gestern. Was wolle man mit einem Haus, das man nur vier Jahre bis zum Umzug in den Sony-Neubau an den Potsdamer Platz nutze? Sühlo scheint nicht mehr an eine Lösung in Sachen DFFB/Kinemathek und Deutschlandhaus zu glauben. Bis Ende Januar will er entscheiden, wohin beide Institutionen am 1. Juli 1996 ziehen.
Auch der SFB scheint vom Landowsky-Vorschlag unbeeindruckt. Vor dem Hintergrund, daß der Rundfunkrat am Montag abend einen Antrag ablehnte, die Mieter so lange zu halten, bis ein Käufer gefunden wird, sagte SFB- Sprecher Thomas Sträting: „Ich halte mich nur an Fakten. Die bisherige Linie ist bestätigt worden. Daher ist alles andere Spekulation.“ Christoph Oellers
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