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Indianerrechte drastisch beschnitten

■ betr.: „Selbstmorde unter Brasi liens Indianern“, taz vom 15. 12. 95

Die erwähnten 30 Millionen Mark, die von der deutschen Regierung für die Demarkierung von Indianerland zur Verfügung gestellt wurden, sind mit großer Wahrscheinlichkeit „in den Sand gesetzt“. Denn momentan versucht die brasilianische Regierung, allen voran Justizminister Jobim und Präsident Cardoso, die Durchführungsbestimmungen zur Demarkierung von Indianerland, das Dekret 22/91, zu ändern. Kernpunkt der Änderung wird die Einführung eines Widerspruchsrechtes gegen die jeweilige Demarkierung für alle „Interessierten“ sein. Hinter dem Begriff „Interessierte“ verbergen sich die Großgrundbesitzer, die Holzfällerfirma, die Goldsucher etc. Das Widerspruchsrecht soll auch rückwirkend für 182 der 191 bereits demarkierten indianischen Territorien gelten. Damit sind Demarkierungen in der Zukunft faktisch nicht mehr durchführbar und eine rechtliche Absicherung der Indianergebiete nicht mehr vorhanden. Auch in der geplanten neuen brasilianischen Verfassung werden die Rechte der Indianer noch einmal drastisch beschnitten. [...]

Noch eine Bemerkung zum Pilotprogramm: In diesem Jahr hat die Vernichtungsrate der brasilianischen Regenwälder einen neuen traurigen Rekord erreicht. Wie die Erfahrungen mit anderen bi- oder multilateralen Projekten zeigen, sind oft gerade diese vollmundig begonnenen Großprojekte diejenigen Kräfte, die den Weg zu einer nachhaltigen Zerstörung der Lebensgrundlage der Bevölkerung öffnen. Ein Grund dafür wird sicherlich die fehlende Partizipation an der Planung und Durchführung solcher Projekte sein. Traditionelle Bevölkerungsgruppen werden auch heute noch nicht gefragt. Dies ist auch beim Pilotprogramm der Fall. Indigene Organisationen werden nicht gehört, die Abwicklung erfolgt über die sogenannten „offiziellen Stellen“. Und die haben in der Regel eigene Interessen. Cardoso reiste durch das Amazonasgebiet und versprach die schnelle Industrialisierung. Mit welchen Mitteln? Die Gefahr, daß sich das Pilotprogramm in die Reihe der verheerend wirkenden Erschließungsprojekte einreiht, ist groß. Denn immer noch wollen die Betreiber dieses Programms den „Bock zum Gärtner machen“. [...] Hubert Groß,

Sandrinha Barbosa,

UIRAPURU e.V.,

Brücke nach Amazonien

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