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■ QuerspalteSlobo? Kein Anschluß!

Post und Telefon verkörpern das Muster staatlicher Tätigkeit – das wußte Lenin in „Staat und Revolution“, und das wußte, zehn Jahre nach Slobodan Milošević' serbischer Kulturrevolution, auch seine Postangestellte Mira Bogdanovic. Bestärkt durch das Abkommen von Dayton machte sich Mira ans Geschäft innerstaatlicher Normalisierung. Sie verschickte Telefonrechnungen und ließ die Anschlüsse säumiger Zahler sperren. Dier Zahl ihrer Opfer erreichte mehrere tausend.

Aber die avantgardische Normalisiererin hatte den Kontakt zur Basis verloren. Denn in Serbien sind die „Fernsprechteilnehmer“ seit ein paar jahren dazu übergegangen, ihre Rechnungen unregelmäßig oder gar nicht zu bezahlen. Anfangs war dafür die Hyperinflation verantwortlich, die selbst teure Auslandsgespräche über Nacht zu Pfennigbeträgen reduzierte. Nachdem Nationalbankdirektor Avramovic 1994 den neuen Dinar eingeführt und per Dekret zur Stabilität verurteilt hatte, zeigte sich, daß in der Zwischenzeit die PTT-Verwaltung zusammengebrochen war. Telefonrechnungen erreichten die Kunden nur sporadisch, die in Rechnung gestellten Beträge stimmten nur zufällig mit der tatsächlich vertelefonierten Zeit überein.

Die Kundschaft machte sich das Chaos zunutze. 1995 zahlte kaum noch ein Mensch in Serbien pünktlich sein Telefon. Viele ließen es ganz bleiben.

Aber der Zahlungsboykott, dem Mira jetzt zu Leibe rückte, war keineswegs eine Domäne der politischen Opposition. Bei Durchsicht offener Rechnungen entdeckte die eiserne Postlerin die Namen führender Staatsfunktionäre und verfuhr, wie es die Klassiker lehren: ohne Ansehen der Person. Das war etwas zu musterhaft, denn unter den Delinquenten war nicht nur der Generaldirektor ihres Unternehmens, sondern auch – Präsident Slobodan Milošević. Er stand mit 60 Dinar in der Kreide.

Die Strafe für Miras Normalisierungseifer: 10 Prozent Lohnabzug für Dezember. Rüdiger Rossig

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