: Mother Beth from Harlem
Von Ursula Markus (Fotos), und Walter Werthmüller (Text)
Die Geschichte spielt in Harlem, dort, wo hauptsächlich Schwarze wohnen, oder „African Americans“, wie die Abkömmlinge der Verschleppten heute offiziell heißen. Touristen gehen dort nicht hin. Höchstens per Bus ins „Apollo“, wenn „Amateur Night“ ist, mittwochs, oder wohlbehütet zu „Sylvia's Restaurant“ per Taxi. Soulfood. Weiße, die in Harlem zu Hause sind, gibt es nur wenige.
Beth Reed ist eine davon.
Nach Harlem kam sie erstmals 1980 als Vorsitzende eines College-Gremiums, das sich mit Frauenfragen auseinandersetzte.
Später, 1986, kehrte sie zurück mit dem Auftrag, ein Buch zu schreiben, Schwerpunkt „Community Based Education“, Beispiel Harlem. Sie nahm sich ein Zimmer, später eine Wohnung an der 140. Straße, Ecke St. Nicholas Avenue. Vom Buch ist noch keine einzige Seite geschrieben.
Beth ist weder eine Sektiererin noch eine besessene Retterin der Menschheit noch eine bigotte Heuchlerin. Sie fühlt noch, ihre Sinne funktionieren und reagieren, zwingen zum Handeln.
Beth' Engagement in Harlem ist ein aufreibendes Spiel mit Willigen und Rückfälligen, Behörden und Beamten, Gesetzen und Gerichten. Sie holt ihre Schäfchen am Straßenrand ab, so daß sie sich ja nicht in letzter Sekunde anders besinnen, begleitet sie ins Spital, ins Gefängnis, in den Gerichtssaal, verhandelt, räumt Hindernisse weg, rast auf ihrem Fahrrad durch die Gegend, lacht, winkt – ist abends jeweils völlig fertig. Manchmal enttäuscht auch, die ganze Arbeit für nichts, die Leute wieder zurück auf der Straße, im alten Tramp. Max, Pam, Jerry.
Beth zeigt einer Stadt, die sich von ihren Ärmsten, ihren Opfern, distanziert hat, daß ein bißchen Leidenschaft ein Riesenunterschied im Leben Tausender ausmachen kann.
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