Ein Haus mit alter Kauffmanns- Tradion wird „Medienhaus“

■ „Erste Schlachtpforte“, eigentlich „Schlachte 1“, ein Haus mit kaufmännischer Tradition, wird ein „Medienhaus an der Schlachte“ voller moderner Dienstleistungsunternehmen

„Weserpartie an der Schlachte“, eine historische Stadtansicht. Das Foto entstand um 1900. Rechts im Hintergrund die Domtürme, vorn die Martinikirche noch mit dem kräftigen Turm davor, der aussieht wie ein alter Glockenturm. Durch die erste Schlachtpforte blickt man auf die alten Geschäftshäuser, von denen keines den Krieg überlebt hat. Gegenüber der Martinikirche an der Ecke Schlachte/Erste Schlachtpforte. ein altes Kaufmannshaus, das neue Medienhaus an der Schlachte.

„Erste Schlachtpforte 1“ ist die Postadresse, aber streng genommen handelt es sich dabei um einen kleinen Irrtum. Die Erste Schlachtpforte ist, wie der Name sagt, ein Tor von der Schlachte, dem alten Hafenkai Bremens (vgl. Seite 23), hin zur Stadt. Als das Haus entstand, hatte es demgemäß die Adresse „Schlachte 1“. Und da die Erste Schlachtpforte eigentlich keine Straße, sondern nur ein Durchlaß ist, gibt es auch keine andere Hausnummer – die Nummer „1“ ist das einzige Haus, das den Straßennamen trägt. Nur die unhistorische Ordnungswut der Städteverwalter hat es für erforderlich gehalten, dem einzigen Haus an der „Ersten Schlachtpforte“ auch noch eine Nummer zu geben.

Gebaut wurde das Haus Schlachte 1 als letztes der Reihe. Das Packhaus Schlachte 4 war kurz nach 1600 entstanden, 1840 war hier der Sitz der Firma H.H. Baumann & Co. Schlachte 3, am „Josephsgang“ gelegen, ein ehemaliges Wohnhaus, beherbergte im 19. Jahrhundert die Weinhandlung Anton Walte & Co, die Häuser Schlachte 3 und 4 haben dann bis 1929 als Tabaklager der Händler Theodor Rocholl & Co gedient. Danach wurden sie von dem Architekten Wilhelm Blanke zur Kaffeerösterei umgebaut, in diesem Zusammenhang wurde auch der Giebel der Schlachte 5 angepaßt.

Schlachte 2, ein ehemals zweigeschossiges Giebelhaus, stammt aus den Anfängen des 17, Jahrhunderts. Im 19. Jahrhundert betrieb hier Christoph Theodor Brunn seine Fett-, Gewürz-, Material- und Farbwaren-, Kommissions- und Speditionshandlung. Um die Jahrhundertwende wurde das Haus neu erbaut und diente dann der Teegroßhandlung Bremermann & Dreyer. (nach: Rudolf Stein, Das vergangene Bremen, Bremen 1961)

Das Eckhaus Schlachte 1 war 1819 durch den Architeten J.C.Polzin erbaut worden. Über die drei Fenster des ersten Obergeschosses reichte damals ein Balkon, ein Halbkreisfenster im zweiten Geschoß gab dem Haus ein besonderes, nobles Gepräge. Anfangs wurde das Haus von dem Kaufmann Friedrich Winkelmann bewohnt, er war Bevollmächtigter des Vereins von Privat-Assecurateurs. 1852 wurde das große Halbkreisfenster durch drei funktionale Fenster für das 2. Obergeschoß ersetzt.

1875 übernahm die Getreide- und Futtermittelhandlung Plump & Heye das Haus, es ist seitdem in Familienbesitz. Im Kriege wurde das Haus wie die ganze Schlachte-Partie zerstört, das Haus Schlachte 1 wurde wieder als letztes neu erbaut, Ende der 50er Jahre und diesmal vierstöckig. Der Getreidehändler Heye betrieb seine Geschäfte von hier aus, er wurde aber verdrängt von den großen der Branche: In den 70er Jahren konnte er das 125jährige Firmenjubiläum feiern, es war jedoch das letzte.

Als Anfang der 90er Jahre den Schiffahrts-Handelsunternehmen, die sich eingemietet hatten, die vier Geschosse zu viel waren, rückten sie zusammen. Als erstes Unternehmen der modernen Dienstleistungen zog hier die Marketing-Abteilung der Deutschen Kammerphilharmonie in das 1. Obergeschoß ein. Heute zog (zieht) die taz ins Dachgeschoß, und die Korrespondentin der Nachrichtenagentur ap. Vom 12. Januar an wird aus der zweiten Etage „Radio 107.1“, das erste private Radio Bremens, senden, dazu wird die Bremen-Redaktion der Kreiszeitung (Syke) dort ihre Räume beziehen. K.W.