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Wildwest-Show am Ku'damm

■ Seit 200 Jahren leben US-Amerikaner in Berlin. Neue Broschüre der Ausländerbeauftragten des Senats erschienen

Sogar Buffalo Bill ist schon am Kurfürstendamm entlanggeritten: Im Jahre 1890 zeigte er dort seine legendäre Wildwest-Show. Daß es seit mehr als 200 Jahren enge wirtschaftliche, politische und kulturelle Beziehungen zwischen den USA und Berlin gibt, ist einer neuen Broschüre zu entnehmen, die Berlins Ausländerbeauftragte Barbara John gestern vorstellte.

Man habe eine kurze, aber schöne gemeinsame Geschichte, kommentierte der US-amerikanische Botschaftsrat Joel Levy. Bereits zwei Jahre nach Gründung der USA hätten Benjamin Franklin, Thomas Jefferson und John Adams 1785 mit dem preußischen König Friedrich dem Großen einen Wirtschaftsvertrag geschlossen und den Austausch von schlesischem Leinen gegen Tabak aus Virginia vereinbart. In diesem ersten Vertrag, den der junge Staatenbund überhaupt mit einem anderen Land geschlossen habe, seien auch Passagen über Freiheit und Humanität enthalten gewesen. Wichtigster Punkt des Vertragswerkes war die „Meistbegünstigungsklausel“, die heute noch gilt. Damit gewährt ein Partner dem anderen alle handelspolitischen Vergünstigungen, die er dritten Staaten einräumt.

Viele mehr oder weniger berühmte US-Amerikaner haben in den vergangenen 200 Jahren in Berlin gelebt und gewirkt. John Quincy Adams, der später zum sechsten Präsident der USA avancieren sollte, begann seine diplomatische Karriere 1797 als erster US-Botschafter in Berlin. Mark Twain kam gar mit der ganzen Familie in die preußische Hauptstadt, seine Tochter Clara studierte später dort Musik. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts lebten bereits rund 19.000 US-Amerikaner in Berlin. Sie hatten ihre eigene Kirche und ihr kulturelles Zentrum in Schöneberg, und in den „Goldenen Zwanzigern“ swingten die Berliner nach den Jazz- und Blues- Rhythmen aus den USA.

Dem allerdings machten die Nationalsozialisten ein Ende. Sie erklärten die „undeutschen Klänge und Texte“ für „entartet“. Viele US-Amerikaner verließen Berlin.

Manche kamen als Soldaten wieder. Als Teil der Alliierten, die Nazideutschland besiegten, oder als Piloten, die zu Zeiten der Berlinblockade Carepakete abwarfen. Im vergangenen Jahr zog die US- Army endgültig ab. Doch nicht wenige ihrer Angehörigen blieben hier. Offizielle Statistiken sprechen von rund 10.000, doch tatsächlich dürften sehr viel mehr Familien in Berlin gegründet haben.

Gegen eine Schutzgebühr von zwei Mark ist die Broschüre „Zweihundert Jahre Amerikaner in Berlin“ bei der Ausländerbeauftragten des Senats, Potsdamer Straße 65, 10785 Berlin, zu erhalten. AP/taz

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