: Etwas, das für den Geheimdienst nicht unlogisch wäre
■ betr.: „Castor-Gegner legten Zug verkehr lahm“, taz vom 19. 12. 95
Wäre es möglich, daß unser Geheimdienst nicht nur für den Plutoniumschmuggel verantwortlich ist, sondern auch hin und wieder im Namen des Castor-Widerstandes Anschläge auf Bahntrassen verübt? Ich halte diesen Gedanken gar nicht für unwahrscheinlich.
Der Plutoniumschmuggel zeigt nicht nur, welch hohe kriminelle Energie der BND hat, sondern vor allem, wie wichtig Kriminalität und Gewalt für die Herrschenden sind. Gewalt wird eingesetzt und anderen in die Schuhe geschoben, um Angst zu schüren und sich eine Legitimität für die eigene Law-and- order-Politik zu schaffen.
Was bewirkt ein Anschlag auf eine Bahntrasse? Natürlich hat es eine gewisse Logik, der Atommafia einen hohen materiellen Schaden zuzufügen, damit ihre Projekte unrentabel werden. Aber Anschläge bewirken eben auch eine Verärgerung in der Bevölkerung, die leicht zu einer Distanzierung von der Anti-AKW-Bewegung führen kann. Es wird leichter AKW-Gegner als Chaoten zu bezeichnen, und harte Polizeieinsätze gewinnen an Legitimation. Alles im Namen von Ordnung und Sicherheit.
Ich will nicht unterstellen, daß der BND hier seine Finger im Spiel hat. Aber zumindest wäre das nicht unlogisch. Es wäre ein sehr effektiver Einsatz, um das gesellschaftliche Klima für den nächsten Castor zu verbessern und die Bewegung zu isolieren. AKW-Gegner, die solche Aktionen durchführen, bitte ich zu bedenken, ob es lohnt, etwas zu tun, was auch für den Geheimdienst nicht unlogisch wäre. Gerald Neubauer, Mühltal
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