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■ Das PortraitJassir Arafats Herausforderin

Bei den ersten palästinensischen Präsidentschaftswahlen am 20. Januar wird es mehr als einen Kandidaten geben: Samiha Khalil, 72jährige Witwe und Mutter von Samiha Khalil will palästinensische Präsidentin werdenFoto: Reuter

fünf Kindern, bietet Jassir Arafat die Stirn. Die als besonders willensstark bekannte Khalil gehörte stets zur nationalistischen Linken und sympathisierte lange mit der „Demokratischen Front zur Befreiung Palästinas“ (DFLP). Heute unterstützt sie den Friedensprozeß zwar prinzipiell, übt aber scharfe Kritik am Osloer Abkommen zwischen der PLO und Israel.

Nach dem Israelisch-Arabischen Krieg 1948 floh Khalils Familie aus der heutigen israelischen Stadt Ashkalon. Seither lebt sie in Gaza und im Westjordanland. Jahrelang lehnten die israelischen Besatzer Khalils Wunsch nach einer Reise zu ihren im Ausland lebenden Kindern ab. Wäre sie ausgereist, hätte sie nicht zurückkehren dürfen – dieser Preis war Khalil zu hoch.

Die Mitbegründerin der „Palästinensischen Frauenunion“ engagiert sich seit dreißig Jahren für die Ausbildung junger Frauen aus notleidenden Familien. Ende der 70er Jahre war Khalil die einzige Frau im Führungsstab der damals illegalen PLO im besetzten Westjordanland. Ihre heutige Popularität gründet sich auf ihre volkstümliche, geradlinige Art, mit der sie ihren Standpunkt verteidigt: „Die Osloer Abkommen gestehen uns viel weniger als das Minimum unserer Rechte zu“, sagt sie. „Für uns wird es keine Selbständigkeit und keine Souveränität geben.“ Khalil besteht auf der Auflösung aller jüdischen Siedlungen in Westjordanland und im Gaza-Streifen und fordert den totalen israelischen Rückzug bis zu den Linien von vor dem Sechs-Tage-Krieg von 1967. Dann soll, als Voraussetzung für einen dauerhaften Frieden, ein selbständiger palästinensischer Staat mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt errichtet werden.

Khalil steht für eine Politik, die die Gleichberechtigung von Mann und Frau und die Demokratisierung der palästinensischen Gesellschaft zum Ziel hat. „Ich habe beschlossen, bei den Präsidentschaftswahlen zu kandidieren, weil ich meiner Stimme Gehör verschaffen will. Ich liebe Palästina und glaube, daß unter den gegenwärtigen Umständen jeder Tag schlimmer wird“, sagt sie. Denoch geben ihr Umfragen gegen ihren prominenten Konkurrenten keine Chance. Amos Wollin

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