Chirac verstopft die Ohren und zündet

■ Fünfter französischer Atomtest in diesem Jahr löst vor allem in der Pazifikregion offizielle Proteste aus. Test soll Daten für Computersimulationen liefern und die Haltbarkeit von Atomsprengköpfen prü

Paris (dpa/AFP/taz) – Frankreich hat die fünfte Atombombe seit September auf dem Südsee- Atoll Moruroa gezündet. Um 12.30 Uhr Ortszeit (22.30 mitteleuropäische Zeit) schäumte erneut das Meer, nachdem der unterirdische Versuch stattgefunden hatte. Die Sprengkraft entsprach der von knapp 30 Kilotonnen des herkömmlichen Sprengstoffs TNT, teilte das Verteidigungsministerium in Paris mit. Damit gehörte der Test zu den weniger starken Versuchen der Reihe.

Die französischen Botschafter in Australien, Japan und Neuseeland mußten den Protest der jeweiligen Regierungen entgegennehmen. Australiens Außenminister Gordon Bilney berichtete, der französische Vertreter auf dem fünften Kontinent, Alain Mauroy, habe angedeutet, der fünfte Test könnte der letzte gewesen sein. Möglicherweise sei aber noch ein sechster Atomversuch nötig, bevor Frankreich mit Computersimulation auskomme.

Der japanische Außenminister Yohei Kono verwies seinen Gesprächspartner Denis Gauer auf eine mit großer Mehrheit verabschiedete Resolution der UNO- Vollversammlung. Darin war ein sofortiger Teststopp gefordert worden. Der französische Botschafter in Tokio bügelte ihn mit der Bemerkung ab, diese Resolution sei „bedeutungslos“, da 18 Staaten nicht für den Stopp gestimmt hätten. Auch Deutschland hatte sich damals enthalten.

In Europa war der offizielle Protest hingegen eher verhalten: Die Regierungen der Niederlande, Rußlands und der Schweiz äußerten ihr Bedauern. Schweden und Österreich waren etwas deutlicher. Die Bundesregierung ließ hingegen nur verlauten, sie habe bereits mehrfach ihre kritische Haltung zu Atomtests kundgetan.

Mit der aktuellen Testserie will Frankreich genügend Daten gewinnen, um die Versuche künftig durch Computersimulation zu ersetzen. Vor allem soll aber auch der neue Nuklearsprengkopf TN-75 überprüft werden, mit dem die Atomraketen der neuen U-Boot-Generation bestückt werden sollen.

Präsident Jacques Chirac hatte die Wiederaufnahme der Tests am 5. September verfügt. Noch am Mittwoch hatte die französische Friedensbewegung Chirac vergeblich zu einer Streichung der letzten Atomtests aufgefordert.