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: Der gläserne Abgeordnete

Die AL-Zeitung Stachel schreibt: der PDS-Kandidat Hans Peter Hartmann würde „wegen der höheren Diäten“ lieber nach Bonn gehen als ins Berliner Abgeordnetenhaus...

Es war genau umgekehrt! Aber Stefan-Heym-Nachrücker Hartmann mußte dann auf Drängen der Partei sein Mandat in Berlin niederlegen, damit dort der AEG-Betriebsratsvorsitzende Uwe Döhring nachrücken konnte.

In Berlin hätte Hartmann abzüglich der Parteispende 5.500 Mark monatlich bekommen, in Bonn bleiben ihm 3.700 Mark – von 14.052 Mark! Er muß dort 2.000 Mark für eine halbe Sekretärin abdrücken, 1.000 Mark für einen Drittel-Hauptamtlichen, ferner das Gehalt für seinen Bonn-Assistenten, der noch nicht feststeht, und schließlich die Bürokosten und das Gehalt für seinen Mitarbeiter in seinem Wahlkreis im Bezirk Treptow.

Hinzu kommen: eine 1.700- Mark-Spende für den PDS- Bundesvorstand, 300 Mark zur Finanzierung eines PDS-Westbüros, 350 Mark für einen allgemeinen PDS-Fonds, mit dem Projekte gesponsert werden, 500 Mark gehen auf ein Sozialkonto (für einen Sozialplan seiner Mitarbeiter im Falle seiner Nichtwiederwahl), je 100 Mark bekommen seine Wahlkreise Treptow und Köpenick.

Dann gehen noch 3.700 Mark für Steuern ab und 770 Mark für seine Sozialversicherung. Und schließlich braucht er auch noch ein Zimmer in Bonn – die bisher angebotenen Unterkünfte am Noch-Regierungssitz waren undiskutabel: 680 Mark für 20 Quadratmeter, und die Vertragsklauseln hatten es auch noch in sich: „Bei Wiederwahl 1998 verlängert sich das Mietverhältnis automatisch um weitere vier Jahre“, oder: „Für jede Reparatur werden im Einzelfall 150 Mark fällig“ usw...

Bis auf weiteres muß er sich also jedesmal ein Hotelzimmer für 140 Mark pro Nacht suchen. Dafür stattete ihn der Staat schon mal mit Privilegien aus: ein Inland-Freiflugticket, eine kostenlose Bahncard und ein Abgeordnetenausweis – im Lederetui, ferner einen Terminkalender mit rotumrandeten Sitzungswochen – ebenfalls in Leder, dazu noch drei weitere Kalender in Gummi: für eine Ehefrau und zwei Kinder (die er aber nicht hat), außerdem eine Klemmvorrichtung für die Windschutzscheibe seines Personenkraftwagens, in die eine Karte mit der Aufschrift „Bundestagsabgeordneter“ kommt: mit der darf er überall parken.

Als er letzte Woche mit seinem verdreckten Trabant vor der Tür des neuen Bundestagshauses Unter den Linden zwischen vier Mercedes-Limousinen hielt, wollte ihn der Pförtner kurzerhand wegscheuchen, Hartmann blieb stur: „Ich parke hier und basta!“ – „Das ist verboten!“ schrie der Pförtner. „Schauen Sie mal hier auf die Windschutzscheibe, was sehen Sie da?“ fragte Hartmann listig. „Wo haben Sie d a s Ding denn her?“ fragte der Pförtner entsetzt zurück. Dennoch mußte er schließlich klein beigeben: Gewählt ist gewählt!

Im Bundestagshaus bekam Hartmann erst einmal vier dicke Bücher ausgehändigt – mit seinen Rechten und Pflichten, ferner wurde er dort in die Geheimnisse der „MdB-Hotline“ eingeweiht: damit kann er jetzt von Berlin nach Bonn zum Ortstarif telefonieren.

Und das alles, weil 39,7 Prozent der Treptower – ewiggestrige Betonköpfe – ihn wählten und Stefan Heym vor Ablauf der Legislaturperiode zurücktrat. Aber wenn irgendeiner – im Gegensatz zu den vermufften Öko- Karriere-Fuzzis von der AL – diesen ganzen wichtigtuerischen Abgeordneten-Quatsch wirklich verdient hat, dann der arbeitslose Belfa-Arbeiter Peter Hartmann, den man trotz seiner unkündbaren Betriebsratsposition auf die Straße gesetzt hatte!

Apropos: 150.000 Mark ließ sich die Treuhand diesen ungesetzlichen Spaß kosten. Von dem Geld kauft Hartmann sich jetzt eine von ihm nicht benötigte Eigentumswohnung in Oberschweineöde (von einem West-Haus- und -Kneipenbesitzer, der nebenbei mit Honig handelt). Damit kommt er noch in den Genuß der bis 1996 geltenden „Sonder-AfA Ost“ und spart Steuern. On the other hand schenkte er mir dafür seinen Belfa-Batterievertriebs- Wohnwagen. Helmut Höge

wird fortgesetzt