Kettensägenmassaker im Stadtwald

Rund um Frankfurt fallen wieder Bäume – diesmal für die Schnellbahntrasse nach Köln. Doch der Erholungswert der Baumgruppierung tendiert ohnehin gegen Null  ■ Aus Frankfurt Klaus Peter Klingelschmitt

Schon kurz vor Weihnachten heulten an der Autobahn A5 zwischen Frankfurter Kreuz und Mönchhofdreieck die Kettensägen der professionellen Holzfäller aus Süddeutschland und Österreich: Kettensägenmassaker Teil III. Nach den umfangreichen Rodungen für die Startbahn West und für Cargo City am Rhein-Main-Flughafen geht es jetzt dem Restwald an die Stämme. Schneisen für die ICE-Trasse Köln-Frankfurt werden in den schütteren Forst geschlagen, dessen Erholungswert für die rund zwei Millionen Menschen im Rhein-Main-Gebiet seit dem Bau der Startbahntrasse allerdings ohnehin gegen Null tendiert. Denn für SpaziergängerInnen und RadfahrerInnen ist der Lärm der in Minutenabständen startenden Maschinen ohnehin unerträglich. Demonstranten wurden bei den Fällarbeiten noch nicht gesichtet. So richtig loslegen wollen die Holzfäller erst in dieser Woche. Alleine im Frankfurter Stadtwald sollen knapp 20 Hektar Forst gerodet werden – neun für den Gleisbau und elf für die Baumaschine zur Herstellung der ICE-Trasse. Das Versprechen der Bahn AG, die elf Hektar für die Bauschneise wieder aufforsten zu wollen, hat bei den Förstern keine Euphorie ausgelöst. Jahrzehnte werde es dauern, bis der Wald wieder halbwegs seinen derzeitigen Status erreicht habe, klagte Rainer Berg vom Forstamt in Frankfurt/Main. Und die durch den Kahlschlag neu geschaffenen „künstlichen Waldränder“ seien in Zukunft durch „Windwurf und Vergrasung“ permanet bedroht. Der Vorschlag der Förster aus der Region, die Strecke unterirdisch fortzuführen, war von der Bahn AG und dem Bundesverkehrsministerium vor Jahresfrist verworfen worden.

Nach Norden verläuft die ICE- Trasse zur Anbindung des Frankfurter Hauptbahnhofs und nach Süden über Walldorf (einst ein Widerstandsnest gegen den Startbahnbau) zur Schaffung einer direkten Schnellbahnverbindung in den Rhein-Neckar-Raum. Die neue Bahnverbindung Köln- Frankfurt hat, so schrieben es auch SPD und Bündnisgrüne in Hessen in ihre Koalitionsvereinbarungen, „mitteleuropäische Bedeutung“. Mit der Anbindung an den Rhein- Main-Flughafen werde die Voraussetzung dafür geschaffen, das Verkehrsmittel Bahn als Alternative zum Luftverkehr anzubieten und den Kurzstreckenflugverkehr entsprechend verlagern zu können, hoffen die Rot-Grünen.

In Verhandlungen mit der Bahn AG will das Land Hessen dafür sorgen, daß die Zusagen zur Frage der Streckenführung und des Lärmschutzes auch eingehalten werden: „Ziel ist es, Belastungen für die AnwohnerInnen und für die Umwelt zu vermeiden.“ Noch im Juli 1995 hatte der Landesvorstand der Bündnisgrünen massive Bedenken gegen den Trassenbau angemeldet. Landesvorstandssprecher Reimer Hamann forderte den Verzicht auf die ICE-Trasse und den Einsatz von „Neigetechnikzügen“ auf den vorhandenen Strecken. Das gesamte Neubauprojekt soll laut Bahn AG rund neun Milliarden Mark kosten.