piwik no script img

Fehlendes Handy fällte Bäume

■ Hafenerweiterung: Holzfäller rodeten trotz Baustopp / Behörde hat kein Geld für ein Mobiltelefon, aber Millionen für Spülfeld-Sheriffs Von Marco Carini

Manchmal haben Behörden ja eine ziemlich lange Leitung. Mitunter so lang, daß sich Gerichtsentscheidungen damit hervorragend hintertreiben lassen. Wie prima das funktioniert, hat das bei der Hamburger Wirtschaftsbehörde angesiedelte Amt für Strom und Hafenbau vorgemacht: Zwei Stunden brauchte die Behörde am 4. Dezember des vergangenen Jahres, um die örtliche Bauleitung in Altenwerder davon zu informieren, daß das Verwaltungsgericht soeben den sofortigen Hafenerweiterungs-Stopp verfügt hatte.

Resultat der Verschleppungstaktik: Trotz Arbeitsverbot gelang es den Hafenerweiterungs-Fans, noch schnell 150 Weiden und Pappeln abzuholzen, die den Ausbau-Plänen entgegenstanden.

Um 7.30 Uhr waren die Fälltrupps in den Talraum der Alten Süderelbe ausgerückt, um das störende Baumwerk abzuholzen. Wie aus einer Antwort des Senats auf eine kleine Anfrage der GAL-Abgeordneten Antje Möller jetzt hervorgeht, wurde das Amt für Strom- und Hafenbau bereits um 13.20 Uhr über den gerichtlich verfügten Arbeitsstopp informiert. „Unverzüglich“, so heißt es in der von der Wirtschaftsbehörde verfaßten Antwort weiter, sei nun „die örtliche Bauaufsicht angewiesen worden, die Arbeiten sofort einstellen zu lassen“. Doch die schaltete erst 115 Minuten und etliche gefällte Weiden später ihre Kettensägen ab.

Für den GAL-Wirtschaftsreferenten Detlev Grube eine „unglaubliche Schlamperei“. Durch die „Schläfrigkeit der sonst so fixen Wirtschaftsbehörde“ seien „die Bäume eindeutig rechtswidrig gefällt worden“. Wirtschaftsbehörden-Sprecher Wolfgang Becker kennt den Grund: „Der örtliche Baudienstleiter hat kein Handy. Wir mußten erst die Baudienststelle informieren, die anschließend den Dienstleiter persönlich ausfindig machen mußte.“

Während die Anschaffung eines Mobiltelefons offenbar die Finanzreserven der Wirtschaftsbehörde übersteigt, sitzt an anderer Stelle das Geld recht locker. Laut einer Senatsantwort auf eine andere GAL-Anfrage gibt die Stadt mehr als 400.000 Mark per anno allein dafür aus, die Spülfelder in Moorburg, Francop und Feldhofe seit mindestens drei Jahren von einem privaten Sicherheitsdienst bewachen zu lassen.

Den Erfolg der mittlerweile millionenteuren Spülfeld-Sheriffs beschreibt die Senatsantwort: „Durch den Einsatz des Sicherheitsdienstes sind Einbrüche in den Baubüros und Anlagen sowie Vandalismus und die damit verbundenen Schäden stark zurückgegangen“. Belegen läßt sich diese Behauptung jedoch nicht. Behörden-Sprecher Becker: „Es gibt keine Schadensstatistik“. Allerdings seien in der Vergangenheit ein Bagger in Brand gesetzt, eine Computeranlage aus einem Baubüro sowie eine Laboreinrichtung zur Schadstoffmessung geklaut worden.

Für den GAL-Referenten Detlev Grube kein Grund für die teure Sonderbewachung: „Wenn die Stadt alle öffentlichen Flächen und Gebäude mit einem solchen Aufwand schützen würde, wäre sie in einem Jahr pleite.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen